Wird bei Android nach Nougat alles umgeworfen?

Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Meist ist bereits Wochen vor dem Start einer Google I/O recht klar, welche Neuerungen der Softwarehersteller schlussendlich in der einleitenden Keynote präsentieren wird. Insofern fällt umso mehr auf, wie ruhig es dieses Jahr diesbezüglich in der Gerüchteküche ist. Klar: Android O wird sicher eine wichtige Rolle einnehmen, immerhin steht die erste Beta-Version der kommenden Betriebssystemgeneration an. Doch selbst, wenn Google noch so manches Feature zurückbehalten hat, sind nicht mehr die ganz großen Überraschungen zu erwarten. Schließlich wurde die erste Preview-Version bereits vor einigen Wochen vorgestellt.

Spurensuche

Auch in Hinblick auf andere Fixpunkte früherer Ausgaben des "Entwicklerfestivals", gibt es bislang kaum brauchbare Leaks. Zwar dürfte Google an einem Mixed-Reality-Headset a la Hololens arbeiten, von diesem war zuletzt aber nichts mehr zu hören. Bei Android Wear gab es erst vor kurzem ein größeres Update und den Google Assistant hat der Softwarehersteller bereits jenseits der I/O für Drittentwickler geöffnet. Cloud- und Chrome-Ankündigungen nimmt Google ohnehin in eigenen Konferenzen vor.

Kommt Andromeda?

Bleibt die Frage, womit Google also die eineinhalb Stunden der Keynote füllen will. Und hier könnte der Blick auf ein Projekt lohnen, das vergangenen Herbst mehrfach die Runde machte, und das noch dazu zeitlich bestens zur I/O passen würde. Unter dem Namen Andromeda arbeite Google an einer Art Android-Nachfolger, hieß es damals. Das erste damit ausgestattete Gerät, ein von Google selbst entwickelter Laptop, solle im dritten Quartal 2017 erhältlich sein, ergänzten Insider.

Kein Android-Chrome-OS-Merge

Seitdem dominiert eine ganz andere Frage die Spekulationen, nämlich worum es sich bei Andromeda eigentlich handelt. Vom Wall Street Journal aufgestellte Behauptungen, dass im Rahmen dieses Projekts Chrome OS und Android verschmolzen werden sollen, wurden rasch von Google selbst dementiert. Eine solche Zusammenlegung sei nicht geplant, gab Android- und Chrome-Chef Hiroshi Lockheimer öffentlich zu Protokoll. Allerdings betonte er, dass man natürlich Wege suche die beiden Plattformen näher zueinander zu bringen, und dabei auch einen direkten Technologieaustausch vornehme. So wurde etwa schon das neue Update-System in Android 7 direkt von Chrome OS übernommen.

Verräterische Hardware

Die entscheidende Spur könnten hingegen die kolportierten Details zu "Bison", dem angeblich in Entwicklung befindlichen Google-Laptop legen: Soll dieser doch ein Convertible sein, also ein Laptop mit abnehmbarer Tastatur, der auch als Tablet genutzt werden kann, und aktuellen Geräten von Apple und Microsoft Konkurrenz machen soll. Auch von Stylus- und Touch-Support war damals die Rede. Angesichts dessen, dass solche Flaggschiff-Devices gezielt entwickelt werden, um die Vorzüge einer neuen Plattform herauszustreichen, scheint es realistisch, dass es sich bei Andromeda um einen Neustart der Tablet/Desktop-Bemühungen für Android handelt. Und zwar eine bei der man sich durchaus auch bei Chrome OS bedient haben könnte, was das Missverständnis des Wall Street Journals erklären würde. Insofern wäre das Ganze auch nicht das "Ende von Android", wie damals einige spekulierten, aber sicherlich die nächste Evolutionsstufe. Gerade im Tablet/Desktop-Bereich hat Android bekanntermaßen noch grobe Defizite.

Wunschträume

Wenig realistisch scheint hingegen eine weitere populäre Theorie, die in den letzten Monaten die Runde machte: Nämlich dass Andromeda ein kompletter Android-Ersatz auf Basis von Googles neuem Betriebssystem Fuchsia sein soll. Das mag zwar eine faszinierende Theorie sein, hier dürfte aber der Wunsch Vater des Gedankens sein. Fuchsia ist derzeit noch weit von einer Alltagsnutzung entfernt, wie auch ein aktueller Blick auf den Entwicklungsstand zeigt.

Option B

Bei all dem Gesagten bleibt aber natürlich noch eine ganz andere Möglichkeit: Nämlich, dass das Projekt mittlerweile zeitlich verschoben oder gar eingestellt wurde. Neue Informationen gab es in den letzten Monaten jedenfalls nicht mehr. Allerdings hat Google in der Vergangenheit auch mehrfach bewiesen, dass man bei In-House entwickelten Devices die Geheimhaltung recht gut im Griff hat.

Insofern bleibt nur das gespannte Warten auf die Google I/O 2017. Sollte der Softwarehersteller tatsächlich Andromeda präsentieren, könnte dies jedenfalls einen wichtigen Meilenstein in der Android-Geschichte darstellen – egal wie weitreichend die Änderungen an der Basisplattform schlussendlich sein.

Berichterstattung

Der STANDARD wird wie gewohnt in aller Ausführlichkeit direkt von der Google I/O in Mountain View, Kalifornien, berichten. Geneigte Leserinnen und Leser können sich schon einmal den Mittwoch, 17. Mai vormerken, um 19:00 (MESZ) startet hier die einleitende Keynote zum "Entwicklerfestival", wie Google den dreitägigen Event selbst nennt. (Andreas Proschofsky, 10.5.2017)