Einmal hell-, einmal dunkelblau: das Meer vor dem Luxusresort Kilindi ...

Foto: Gettyimages / Eric Lafforgue / Art in All of Us

... unten vor Stone Town.

Foto: Park Hyatt

Sansibar ist muslimisch geprägt. Vom 17. bis zum 19. Jahrhundert stand die Insel unter der Herrschaft des Sultans von Oman.

Erst einer, dann zwei und dann immer mehr. Auf dem Boot, das gerade noch sanft in der hellblau schimmernden Bucht schaukelte, hocken plötzlich zwei Dutzend Männer. Auf dem Nachbarboot sind es noch ein paar mehr. Und das, obwohl die Dhau gerade einmal ein paar Meter misst.

Auf den Holzbooten mit den trapezförmigen Segeln schippern die Männer hinaus aufs Meer. Zuerst müssen sie aber zum Riff gelangen. Und das ist um diese Tageszeit nicht so einfach. Ein paar Männer hüpfen ins seichte Wasser und schieben das Boot an. Vorbei an Sandbänken und Korallenstöcken, an Algenteppichen und Seeigelkolonien, bis sie nach einer kleinen Ewigkeit das offene Meer erreichen – und das Segel setzen können. Stunden später werden sie zurückkehren, die Dhauen vollbeladen mit Fischen, die Männer sichtlich erschöpft.

Tentakel in der Nase

Mittlerweile ist der Meeresspiegel einen Meter angestiegen, problemlos manövrieren die Boote durch die Bucht. Wer es als Erstes zum Fischmarkt schafft, wird die höchsten Preise verlangen. Der Rest der Beute wird unter den Männern aufgeteilt. In Reihen legen sie die Fische in den weißen Sand, jeder Fischer darf sich als Lohn ein halbes Dutzend nehmen.

Das Strandleben auf Sansibar wird gleichermaßen von den Gezeiten wie vom Fischfang bestimmt. Zumindest hier am langen Strand von Matemwe, der den Ruf hat, über den feinsten Sand der Insel zu verfügen. Während die Männer der vollgepackten Boote draußen vor dem Riff mit Netzen fischen, waten andere mit Harpunen durch die Lagune. Frauen ernten Algen, während ihre Männer versuchen, Oktopusse und Krebse mit bloßen Händen zu erwischen. "Das kann ganz schön gefährlich sein", sagt Alois Inninger. "Die Oktopusse können ihre Tentakel leicht in die Nase bohren."

Gewürzinsel vor der Küste

Der Tegernseer führt seit vier Jahren das von einem Österreicher erbaute Hotel Green & Blue in der Bucht von Matemwe. Mittlerweile hat er die Anlage gepachtet, selbst wohnt er aber im verschlafenen Dörfchen, in dem die Fische in der Sonne trocknen und die Hühner über die staubigen, ungeteerten Straßen laufen. "Das ist hier ein typisches Fischerdorf, der Tourismus hat dem Dorfleben noch wenig anhaben können."

Das ist auf der Gewürzinsel vor der tansanischen Küste nicht überall so. An der Nordspitze der Insel reiht sich eine Anlage an die andere. Lange hat man hier in Nungwi vom Bau der Dhauen gelebt, mittlerweile hämmern aber nur noch einige wenige Handwerker an den aufgebockten Schiffsrümpfen am Strand herum. Die meisten Einheimischen arbeiten für eines der vielen Resorts, die sich zum Großteil in italienischen Händen befinden. Am Strand bieten als Massai verkleidete Sansibari ihre Vermittlerdienste an, Yogaklassen, Sunset-Cruises und Tauchbasen buhlen um Kunden. Gegen Abend hin verwandelt sich der Strand in ein riesiges Sportfeld, auf dem die Burschen Bällen nachhecheln und die Mädels Salti schlagen.

Strandtage

Anders als an der Ostküste fallen im Westen der Insel die Gezeiten moderater aus. Selbst bei Ebbe ist Schwimmen möglich. "Die meisten unserer Gäste haben zuvor eine Safari auf dem Festland unternommen", erklärt der aus Simbabwe stammende Dustin Kennedy, der mit seiner Frau Kaila das am ruhigen Südrand von Kendwa, dem Nachbarort von Nungwi, gelegene Luxusresort Kilindi führt.

Gerade einmal eine halbe Stunde Flug trennt die großen Nationalparks in Tansania von der Insel mit dem klingenden Namen, auf der im Regelfall ein paar Strandtage angehängt werden. Unterkünfte der gehobenen Klasse findet man hier viel häufiger als Lodges für Backpacker, Hotels der großen internationalen Ketten aber sind rar.

Sehnsuchtsort

Seitdem in der Hauptstadt Stone Town ein Park Hyatt in einem Herrenhaus aus dem 17. Jahrhundert eröffnet hat, zieht die Insel immer mehr betuchte Gäste an. "Wenn nur der Flughafenterminal bald fertiggestellt würde", seufzt Kennedy. Die Infrastruktur macht vielen Hotels auf Sansibar zu schaffen, seinem Status als Sehnsuchtsort tut das aber keinen Abbruch. Davon zeugen auch die weißen Pavillons des Kilindi: Sie wurden von Benny Andersson von der Popgruppe Abba errichtet – in einem von Gaudí inspirierten Baustil.

Im Gegensatz zu der furchtbaren Geschichte der Insel als Hauptumschlagplatz für Sklaven (in Stone Town erzählt eine sehenswerte neue Ausstellung am ehemaligen Sklavenmarkt davon) umgibt Sansibar bis heute ein magischer Ruf. Eine Gewürz- und Seefahrerinsel, auf der eine bunte Mischung aus Afrikanern, Indern und Arabern lebt. Freddie Mercury wurde hier geboren, die Kolonialgeschichte der von Portugiesen, Omanis und Engländern okkupierten Insel ist allgegenwärtig.

Die Hauptrolle auf Sansibar spielt aber bis heute das Meer. Auf die Minute genau ist in den Hotels angegeben, wann Ebbe und wann Flut ist – und man also wieder ins lapislazuliblaue Meer eintauchen kann. (Stephan Hilpold, 12.5.2017)