Be- und Zersiedelung konkret: Im Salzburger Haus der Natur widmet sich eine Ausstellung den vergangenen 200 Jahren des Landes.

foto: salzburg museum / e. tramtisch

Salzburg – Der Fahrplan stehe, sagt ÖVP-Landesparteigeschäftsführer Wolfgang Mayer: am 31. Mai komme der Gesetzesentwurf in den Landtag, am 28. Juni werde das neue Raumordnungsgesetz dann beschlossen. Es trete ab Jänner 2018 in Kraft.

Damit bringt die schwarz-grüne Landesregierung eines ihrer Prestigeprojekte gerade noch rechtzeitig vor Ende der Legislaturperiode durch. In Salzburg finden im Mai 2018 Landtagswahlen statt.

Parteigeschäftsführer Mayer hat auf ÖVP-Seite das Gesetz verhandelt und gilt gemeinsam mit Landeshauptmannstellvertreterin Astrid Rössler (Grüne) als Architekt der neuen Raumordnung. Man habe "einen Paradigmenwechsel" geschafft, sagte er im STANDARD-Gespräch. "Wir haben das Ende der Baulandspekulation". In Hinkunft könne Bauland nur mehr auf zehn Jahre gewidmet werden. Werde nicht gebaut, verfällt die Widmung.

Zweitwohnungs-Sperrgebiete

Für bereits gewidmete Flächen kommt eine Frist von fünf Jahren. Wird dann nicht gebaut, muss entweder rückgewidmet werden, oder der Eigentümer zahlt einen Infrastrukturbeitrag. Dieser ist nach Bezirken gestaffelt und beträgt maximal zwei Euro pro Quadratmeter. Für 1000 Quadratmeter Baugrund in der Landeshauptstadt wären also pro Jahr 2000 Euro zu entrichten. Angesichts der Grundstückpreise nicht besonders viel, sagen Experten. Mayer hofft trotzdem, dass so einiges von den landesweit rund 920 Hektar gehorteten Baulandes mobilisiert werden kann.

Auch beim Thema Zweitwohnungen will man weitergekommen sein. Ab einem gewissen Prozentsatz Zweitwohnungsanteil wird über die betroffene Gemeinde ein "Zweitwohnungsverbot" verhängt. Die Strafdrohung soll bis zur Zwangsversteigerung reichen. Die exakte Höhe des zulässigen Zweiwohnungsanteiles wird derzeit noch verhandelt, ursprünglich waren 26 Prozent vorgesehen; es dürfte aber ein geringerer Prozentsatz werden.

Fachleute skeptisch

Dass neben der Landtagsopposition in Raumordnungsfragen vor allem Interessenverbände an gesetzlichen Verschärfungen Kritik üben, ist naheliegend. So hat etwa die österreichische Fachvereinigung für Einkaufszentren vor "Nullwachstum" und vor "planwirtschaftlicher Zuweisung von Handelsflächen" gewarnt.

Besonders auffallend bei der Debatte über die Raumordnungsnovelle ist aber, dass sich viele Experten gegen das Gesetz wenden. Auch solche, die man eher aufseiten der Grünen vermuten würde. Landesumweltanwalt Wolfgang Wiener beispielsweise beklagt die "rechtliche Schwächung des Naturschutzes im Raumordnungsverfahren".

Der Politikwissenschafter und Windenergieexperte Franz Kok vermisst die "Energieraumordnung". Kok: "Das Landesentwicklungsprogramm müsste die Ziele von Salzburg 2050 – Energieautonomie bis 2050 – operativ umsetzen und einen Masterplan für erneuerbare Energien implementieren." Vorarbeiten dafür gebe es zwar amtsintern, ob diese aber verbindlich würden, müsse das Raumordungsgesetz bestimmen.

Schutzgüterkatalog

Peter Sönser, selbst Gemeinderat der Grünen im oberösterreichischen Wels und privatwirtschaftlich als Raumordnungsexperte tätig, fehlt in Salzburg ein "grundsätzlich anderer Zugang zur Raumordnung unabhängig von Einzelinteressen". Sönser tritt für einen Schutzgüterkatalog ein. An erster Stelle steht für Sönser "das Schutzgut Mensch".

Mit einem Schutzgutkatalog habe dann jeder Betreiber eines Projektes einen rechtsverbindlichen Rahmen, der festlege, welche Vorhaben man betreiben könne. Dieser Katalog sei in Salzburg viel zu vage gefasst, sagt Sönser. Ergebnis: Die Konflikte würden wieder auf die Einzelprojekte verlagert. (Thomas Neuhold, 10.5.2017)