Wien – Die Zukunft des Handels sei die erfolgreiche Verknüpfung von stationärem und Onlinehandel, sagte David Bosshart, Chef des Gottlieb-Duttweiler-Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft, bei einem Vortrag. Aber niemand wisse, wo es hingehe. Zu den größten Veränderungen werde es seiner Beobachtung nach in China kommen, weil es hier keine verkrusteten Strukturen wie etwa in Westeuropa gebe.

Als Vorreiter könne man Starbucks sehen, weil die Kette erkannte: "Wenn wir Kunden wollen, brauchen wir kostenloses WLAN, auch wenn diese nichts kaufen", so Bosshart. "Der stationäre Handel stirbt nicht, aber die Frequenzen werden nicht mehr zurückkommen, und die Mieten werden tendenziell sinken. Wir haben viel zu viele Flächen, und der Handel baut weiter."

"Hohe Mieten nicht mehr gerechtfertigt"

Ein Immobilienexperte bestätigt dem STANDARD die Problematik: Es gebe historisch bedingt häufig zu hohe Mieten, die heute nicht mehr gerechtfertigt seien. Wenn die Vermieter bei den Mieten flexibler wären, wäre das besser. Was früher undenkbar war: In New York gab es zu Weihnachten 2016 an der Madison Avenue in jedem Block ein leeres Geschäft. Auch in der Bahnhofstraße in Zürich sei Leerstand zu beobachten.

Ändern wird sich laut Bosshart auch für Kunden einiges. Der Trend gehe zur Gesichts- und Stimmerkennung. In zehn bis zwölf Jahren werde man nur mehr mit der Stimme oder dem Gesicht bezahlen. Im Geschäft seien Kompetenz und Beratung gefragt, im Backoffice die Maschinen. Die digitale Infrastruktur werde in Europa unterschätzt, Europa sei zehn bis zwölf Jahre hinter den USA. Bosshart: "Wir sind nicht mehr in einer Zeit der Verbraucher, sondern der Gebraucher." Heute sei alles eine vernetzte Dienstleistung. (cr, 10.5.2017)