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Der Menschenrechtsanwalt Moon Jae-in, Sohn eines nordkoreanischen Flüchtlings, wird Südkoreas neuer Präsident.

Foto: AP/Kim Hong-ji

Der politische Werdegang von Moon Jae-in, Südkoreas neuem Präsidenten, spiegelt geradezu sinnbildlich die turbulente Historie des Landes wider: Als linker Studentenaktivist wurde Moon in den 1970er-Jahren unter der autoritären Herrschaft Park Chung-hees verhaftet. Nun wird er als Staatsoberhaupt angelobt, während Parks Tochter, Ex-Präsidentin Park Geun-hye, in Untersuchungshaft auf ihren Prozess wartet.

Zudem zieht mit Moon nicht nur ein langjähriger Oppositionspolitiker ins Präsidentenhaus ein, sondern auch der Sohn eines nordkoreanischen Flüchtlings. Während des Koreakriegs floh sein Vater aus Angst vor den kommunistischen Truppen auf einem UN-Frachter gen Süden.

Zynischerweise verhinderte ebenjener Familienhintergrund bereits 2012 Moons Wahlsieg: Damals unterlag er der späteren Präsidentin Park, weil er von seinen konservativen Kritikern als "Nordkorea-Sympathisant" gebrandmarkt wurde.

Um dieses Stigma heuer zu entkräften, hat der 64-Jährige bei jeder Gelegenheit seinen "patriotischen" Wehrdienst in einem Spezialkommando erwähnt. 1976 nahm er gar an einem der riskantesten Einsätze in der hochverminten Demarkationszone teil. Nordkoreanische Militärs erschlugen damals zwei US-Soldaten mit einer Axt, weil diese einen Baum kahlschlagen wollten, der die Sicht eines Wachtposten behinderte. Als Machtdemonstration schickte Südkorea daraufhin eine Sondereinsatztruppe aus, um den Baum zu fällen – darunter auch Moon.

Moon, Vater eines Sohnes und einer Tochter im Erwachsenenalter, hat Rechtswissenschaften an der Seouler Kyung Hee University studiert. Schon damals vertrat der Studentenaktivist und spätere Menschenrechtsanwalt die Ansicht, Nordkoreas Regime solle für seine Taten zur Rechenschaft gezogen werden, nicht aber das einfache Volk.

In der paranoiden, vom Kalten Krieg beherrschten Stimmung hätte Moon für solche Aussagen ins Gefängnis kommen können. Später machte er sie als Stabschef der liberalen Regierung von Präsident Roh Mooh-hyun gesellschaftsfähig.

Moons Nordkorea-Vision mag naiv erscheinen. Doch liegt ihm die Wiedervereinigung wie kaum einem zweiten Politiker am Herzen: 2004 sah er bei einer der seltenen Familienzusammenführungen in Nordkorea seine Tante nach 50 Jahren erstmals wieder. (Fabian Kretschmer, 10.5.2017)