Ausgerechnet jenes Gericht, das ich in den vergangenen zwei Jahren sicher am häufigsten gekocht habe, ist bisher hier nur einmal am Rande vorkommen: gebratener Reis. Er ist mein liebstes Frühstück und ziemlich sicher regelmäßigstes Mittagessen, treuer Begleiter durch alle Jahreszeiten, so vielfältig, dass er mehr als Genre denn als Rezept bezeichnet werden sollte.

Er ist die perfekte Resteverwertung und gleichzeitig so gut, dass ich gelegentlich nicht widerstehen kann, ihn frisch zu machen, wenn die Reste nicht reichen – eine Bühne für Gemüse- und Fleischstücke, die ganz auf sich allein gestellt nicht mehr besonders ansehnlich wären, und ein Grund, ordentlich ins Kräuterbeet zu langen.

Als wäre das nicht alles schon toll genug, gibt es kaum ein Essen, das alltagstauglicher ist: Mit etwas Übung braucht es keine 15 Minuten, bis er am Tisch steht, und auch das Abwaschen danach ist schnell erledigt. Kurz: Wann immer ich Reis koche, koche ich mindestens doppelt so viel, wie ich brauchen werde, schlicht um am nächsten Tag gebratenen Reis essen zu können.

Endlose Reis-Varianten

Die Gebratener-Reis-Varianten sind endlos, und jede Reis essende Kultur hat ihre eigenen Versionen hervorgebracht. Ich persönlich orientiere mich meist an der chinesischen oder der thailändischen Variante. Auch innerhalb dieser Grenzen gibt es so viele gebratene Reisrezepte wie Reisbrater, grob charakterisieren kann man die Varianten aber. Chinesische (vielleicht besser: kantonesische) gebratene Reise enthalten allermeist Würzschwein und Sojasauce und sind eher süß als scharf. Thai-Versionen verwenden Fischsauce statt Soja, brauchen jede Menge Chili und Kräuter und kommen sehr gut auch mit Fisch statt Schwein als Proteinspender aus.

Kompetentere Menschen als ich haben sich bereits die Mühe gemacht, penibel auszutesten, worauf es bei der Zubereitung von gutem gebratenem Reis ankommt. Ich fasse das hier daher nur kurz zusammen: Der Reis muss trocken sein, die Pfanne (ideal: der Wok) sehr heiß, sämtliche Bei- und Würzgaben sollten sparsam verwendet werden (genauso wie bei einer Pizza). Ei, Frühlingszwiebel, Ingwer und Knoblauch sind meiner Meinung nach Pflicht, alles andere ist Verhandlungs- und Vorabendessenssache.

Europäischer Wermutstropfen

Der einzige Wermutstropfen des europäischen Reisbraters ist, dass ihm das adäquate Kochgerät zum Gericht nicht zur Verfügung steht: Düsenantriebsartige Gasbrenner, wie sie in Asien Standard sind, sind hier schlicht verboten. Auf starken Gasherden kann zumindest noch ein Wok verwendet werden, auf einem Elektroherd (wie meinem) ist aber selbst das völlig sinnlos (mit Induktionswoks fehlt mir die Erfahrung). Richtiger "Wok Hei", der charakteristische, leicht angesengte Geschmack eines Stir Frys, ist daher leider nicht zu bekommen. Das ist schade, aber nicht zu ändern – und noch lange kein Grund, auf gebratenen Reis zu verzichten.

Die folgenden Rezepte sind meine Standardvarianten – einmal mit getrockneten Shrimps und Fischsauce, einmal mit chinesischer Hartwurst und Sojasauce – und sollen bloß der Anschauung dienen. Variieren Sie sie je nachdem, worauf Sie Lust und was Sie im Kühlschrank haben (derzeit bieten sich zum Beispiel einige Erbsen als grüne Einsprengsel an).

Die goldene Regel des Reisbratens lautet: Sei vorbereitet. Bevor Sie zu kochen beginnen, sollten all Ihre Zutaten bereitstehen, sodass Sie sie nur mehr im richtigen Moment in die Pfanne oder den Wok werfen müssen. Ich verwende stets Jasminreis, weil ich ihn mag und das jener Reis ist, den ich in Vier-Kilo-Säcken im Asiashop meines Vertrauens kaufe. Andere Reisarten gehen aber genauso gut.

Foto: Tobias Müller

Es gibt mehrere Möglichkeiten der Bratreihenfolge. Die folgende ist meiner Meinung nach die ölsparendste und sorgt trotzdem dafür, dass der Reis ein wenig knusprig wird. Wem Einfachheit vor Knusperreis geht, der macht es so wie die Autoren dieses wunderbaren Buches und brät einfach zuerst das Ei, dann die Gewürze und Fleisch, und wirft schließlich den Reis dazu, alles über relativ hoher Hitze. Das klebt ein wenig am Pfannenboden, schmeckt aber auch fein.

Ein Rezept für zwei Arten gebratenen Reises

Waschen Sie Ihren Reis, sonst klebt er später zu sehr. Ich gebe ihn dafür einfach in den Kochtopf, lasse kaltes Wasser darüber, rühre ihn mit den Fingern ein paar Mal ordentlich durch und gieße das trübe Wasser durch ein Sieb ab. Reis zurück in den Topf, Wasser darüber und alles wiederholen, vier-, fünfmal, bis das Wasser nicht mehr gar so trüb ist.

Tobias Müller

Kochen Sie Ihren Reis. Wann Sie das tun, ist relativ egal, solange Sie dafür sorgen, dass er schön trocken ist. Wenn sie frisch gekochten Reis verwenden, rühren Sie ihn ordentlich durch und/oder breiten Sie ihn auf einem Stück Backpapier aus, damit er vor dem Braten gut ausdampfen kann. Wenn Sie alten Reis verwenden, nehmen Sie am besten solchen, den Sie schon vor guten zwölf Stunden gekocht haben.

Beim Reiskochen haben übrigens die sonst benachteiligten Elektroherd-Besitzer einen Vorteil. Ich gebe meinen Reis mit der gleichen Menge Wasser (nach Volumen) in den Topf, packe den Decke darauf, stelle den Topf auf die Platte und drehe die Hitze voll auf. Sobald das Wasser richtig kocht, drehe ich die Hitze ab und lasse den Topf auf der Platte stehen – die Resthitze gart den Reis perfekt fertig, ohne dass man sich fürchten müsste, dass er überkocht, oder sich um eine kleine, leicht ausgehende Flamme kümmern muss.

Chinesisch

Sobald Ihr Reis bereit ist, gebraten zu werden, bereiten Sie die restlichen Zutaten vor. Schneiden Sie von vier Frühlingszwiebeln etwas Grün ab (für später), schälen Sie ein schönes Stück Ingwer (am leichtesten mit einem Teelöffel) und zwei Knoblauchzehen in eine Küchenmaschine und häckseln alles klein. Wer keinen Häcksler hat, muss händisch schneiden.

Tobias Müller

Schneiden Sie die Wurst in dünne Münzen. Verquirlen Sie zwei Eier in einer Schüssel. Mischen Sie einen Esslöffel heller Sojasauce, einen Esslöffel Chinkiang-Essig, einen Teelöffel Zucker und ein paar Tropfen Sesamöl in einer kleinen Schüssel. Hacken Sie das aufgehobene Frühlingszwiebelgrün in kleine Stücke.

Schalten Sie Ihren Herd auf volle Kraft und lassen Sie eine Pfanne mit dickem Boden sehr heiß werden. Gießen Sie nicht zu knapp Erdnussöl hinein und braten Sie das verquirlte Ei, bis es gerade gestockt ist – 15 bis 30 Sekunden. Halten Sie die Pfanne schief, sodass das Öl nach unten fließt, und heben das Ei möglichst ölfrei heraus. Stellen Sie es für später zur Seite.

Tobias Müller

Lassen Sie die Pfanne auf mittlere Hitze kommen. Braten Sie die Zwiebel-Knoblauch-Ingwer-Mischung, bis sie herrlich duftet, etwa eine Minute. Geben Sie die Wurstmünzen (Faschiertes, Steakreste, Schweinskopfstücke ...) dazu und braten Sie ebenfalls etwa eine Minute oder bis sie durchgebraten wirkt. Heben Sie es wie zuvor das Ei möglichst vollständig aus dem Öl und stellen es zur Seite.

Drehen Sie die Hitze sehr hoch und lassen die Pfanne möglichst heiß werden. Stellen Sie sicher, dass Ihr Reis nicht klumpt (etwaige Klumpen mit den Fingern aufbrechen) und braten Sie ihn in der sehr heißen Pfanne einige Minuten, bis er trocken wirkt und ganz leicht angesengt riecht. Geben Sie dabei nie mehr Reis in die Pfanne, als den Boden dünn bedeckt – im Notfall lieber in zwei Durchgängen arbeiten.

Tobias Müller

Drehen Sie die Hitze ab, geben all die vorgebratenen Zutaten zum Reis, gießen die Sauce darüber, mischen alles gut durch und lassen es über der Resthitze schnell wieder warm werden. Mischen Sie das Frühlingszwiebelgrün unter und servieren es sofort in Schüsseln.

Tobias Müller

Thai

Weichen Sie Ihre getrockneten Shrimps in etwas Shaoxing-Wein ein. Ich verwende die gleichen Shrimps wie für dieses Rezept. (alternativ: Sparen Sie sich das und nehmen statt der Shrimps Schweinsfaschiertes.)

Schneiden Sie von vier Frühlingszwiebeln etwas Grün ab (für später), schälen Sie ein schönes Stück Ingwer (am leichtesten mit einem Teelöffel) und zwei Knoblauchzehen, ein oder zwei Thai-Chilis und, falls vorhanden, eine Korianderwurzel in eine Küchenmaschine und häckseln alles klein. Wer keinen Häcksler hat, muss händisch schneiden.

Verquirlen Sie zwei Eier in einer Schüssel. Mischen Sie einen Esslöffel Fischsauce und einen Teelöffel Zucker in einer kleinen Schüssel. Hacken Sie das aufgehobene Frühlingszwiebelgrün, die Korianderblätter und -stiele und ein paar Minzblätter in kleine Stücke.

Schalten Sie Ihren Herd auf volle Kraft und lassen Sie eine Pfanne mit dickem Boden sehr heiß werden. Gießen Sie nicht zu knapp Erdnussöl hinein und braten Sie das verquirlte Ei, bis es gerade gestockt ist – 15 bis 30 Sekunden. Halten Sie die Pfanne schief, sodass das Öl nach unten fließt, und heben das Ei möglichst ölfrei heraus. Stellen Sie es für später zur Seite.

Lassen Sie die Pfanne auf mittlere Hitze kommen. Braten Sie die Zwiebel-Knoblauch-Ingwer-Mischung, bis sie herrlich duftet, etwa eine Minute. Geben Sie die Shrimps dazu und braten sie ebenfalls etwa eine Minute oder bis sie durchgebraten wirkt. Heben Sie es wie zuvor das Ei möglichst vollständig aus dem Öl und stellen es zur Seite.

Drehen Sie die Hitze sehr hoch und lassen die Pfanne möglichst heiß werden. Stellen Sie sicher, dass Ihr Reis nicht klumpt (etwaige Klumpen mit den Fingern aufbrechen), und braten Sie ihn in der sehr heißen Pfanne einige Minuten, bis er trocken wirkt und ganz leicht angesengt riecht. Geben Sie dabei nie mehr Reis in die Pfanne, als den Boden dünn bedeckt – im Notfall lieber in zwei Durchgängen arbeiten.

Tobias Müller

Drehen Sie die Hitze ab, geben all die vorgebratenen Zutaten zum Reis, gießen die Sauce darüber, mischen alles gut durch und lassen es über der Resthitze schnell wieder warm werden. Mischen Sie die gehackten Kräuter unter und servieren es mit Limettenspalten sofort in Schüsseln. (Tobias Müller, 14.5.2017)

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