B.R.O.T. hat in der Seestadt 40 Wohneinheiten gebaut. Vier davon stehen der Caritas für ihr "Housing-First-Konzept" zur Verfügung.

Foto: Putschögl

Das Konzept, auf dem B.R.O.T. Aspern beruht, hat zwei Väter. Den Pionier des Mitbestimmungswohnbaus, Architekt Ottokar Uhl, der, beginnend in den 1970er-Jahren, richtungsweisende Partizipationsprojekte in Wien verwirklichen konnte. Und den Initiator von B.R.O.T., den 2015 verstorbenen Helmuth Schattovits. "Der soziale Aspekt war Dr. Schattovits ganz wichtig, nicht nur das eigene Planen des eigenen Wohnumfeldes. Es geht um die kleine Gemeinde in der Stadt mit gegenseitigen Unterstützungen, wie es hier im Haus gelebt wird", beschreibt Architekt Franz Kuzmich das Hauptanliegen des Gründers.

Schattovits hat B.R.O.T. Aspern mit sechs Familien gegründet, dann kamen weitere Interessenten dazu. Am Beginn kreisten die Fragen um die Architektur und die Partizipation an der Planung, erinnert sich Karl J. Mang, Mitglied der Gemeinschaft B.R.O.T.: "Um zu klären, wie das Haus ausschauen soll, ob ein Stiegenhaus oder zwei Stiegenhäuser, wie die Innen- bzw. Außenerschließung konzipiert sein soll, hat uns Architekt Kuzmich mit Bauklotzsteinen in Arbeitsgruppen geschickt. Und wir haben damit Wunschmodelle des Hauses entwickelt."

Gemeinschaft als Bauträger

Ein wesentliches Faktum unterscheidet B.R.O.T. Aspern von den meisten Baugruppen: Die Gemeinschaft war selber Bauträger. Der Verein erwarb das Grundstück in der Seestadt und hat die Aufträge an Architekten, Haustechnikplaner und Statiker als Verein vergeben. Die Entscheidung, als Bauträger und Generalunternehmer zu fungieren, hatte zwei wesentliche Konsequenzen, so Mang: "Erstens: Man kann und darf alles selber entscheiden, muss aber dann auch mit den Konsequenzen daraus leben. Und zweitens: Weil wir alles selber gemacht haben, konnten wir bei der Bausumme sparen. Und bei unserer Bausumme hat das eine Million Euro ausgemacht! Um das Geld konnten wir mehr bauen!"

Die Möglichkeit der Partizipation an Planung und Ausgestaltung des Hauses haben die Bewohner unterschiedlich intensiv genutzt, erinnert sich Architekt Kuzmich. "Mitbestimmung ist ein Angebot und kein Zwang, was die Planungsbeteiligung betrifft. Es gibt Bewohnerinnen, die sich im Projekt das 'Einfamilienhaus' planen bis ins Detail, bis hin zur Fliesendekoration im Badezimmer. Und dann gibt es Bewohner, die sagen, wir verschieben nur die eine Wand um 20 cm. Ansonsten sind wir einverstanden mit dem Grundriss."

Fünfjährige Entwicklungsphase

In der Konzeptionsphase ist es der Gruppe erfolgreich gelungen, die Schere der "Planungszensur" – "geht nicht, weil wohnbaugefördert, ist zu teuer, wird nicht genehmigt" – auszublenden. Darauf ist Mang noch immer stolz: "Ein tragendes Prinzip unserer Planungen war – und ich zitiere Schattovits – 'Radikal gedacht, sorgsam gemacht'. Das heißt, beim Wünschen ist man frei, alle Ideen sollen auf den Tisch kommen. Die müssen dann anhand der Bauordnung und der Kostenschätzungen einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Aber nur so entsteht etwas Besonderes."

Der partizipative Wohnbau, so Kuzmich, sei nicht für jedermann geeignet: "Viele Wohnungssuchende haben dringenden Wohnbedarf. Dieses Projekt hatte eine fünfjährige Entwicklungsphase. Nicht jeder, der eine Wohnung braucht, kann fünf Jahre warten. Dass sich Menschen mit anspruchsvolleren Lebensformen da zusammenfinden, hat mit Elite nichts zu tun, sondern mit den Ansprüchen und Bedürfnissen dieser Menschen."

"Wie früher im Dorf"

Architekt Kuzmich und Bewohner Mang sind sich einig, dass sich Gesellschaft, Stadt und Bund Gelder sparen, wenn solche Wohnprojekte gefördert werden. Mang nennt etwa die Kinderbetreuung: "Jeder kennt hier die Kinder, jeder passt auf wie früher im Dorf." Man kümmere sich aber auch "um die Alten und um die, die Hilfe brauchen. Wir haben eine Dame im Haus, die ist quasi endgültig erblindet. Um sie kümmert man sich, sonst müsste sie einen sozialen Dienst in Anspruch nehmen. Und damit erspart sich die Stadt in einer älter werdenden Gesellschaft viel Geld."

Für B.R.O.T. Aspern, betont Mang, stehen Gemeinschaft und ein gewisses Maß an Bewusst- sein fürs Leben im Mittelpunkt. "Ursprünglich steht B.R.O.T. für 'Beten, Reden, Offen sein, Teilen'. Das 'Beten' ersetzen wir gerne durch 'Begegnen'. Es geht um zwischenmenschliche Begegnung, um den bewussten Umgang mit Menschen, mit Nachbarn, mit Materie, mit Natur. Einfach bewusst leben. In Reflexion." (Michael Kerbler, 14.5.2017)