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US-Kaufhäuser, die Trump-Produkte verkaufen, müssen mit dem Boykott vieler Kunden rechnen. Diese fordern, die Marken aufzugeben.

Foto: AP / Mark Lennihan

Wie gnadenlos US-Konsumenten dieser Tage mit Statements von Unternehmen und Marken in Richtung Politik umgehen, wird am Beispiel von New Balance deutlich: Nur wenige Stunden, nachdem sich ein Manager der hippen Sneaker-Marke positiv über den damals frischgewählten Donald Trump geäußert hatte, waren die sozialen Netzwerke voll mit Bildern und Videos brennender New-Balance-Schuhe.

Zwar hielten sich Konsumenten in anderen Fällen vom Feuerzeug fern. Aber alle Unternehmen, die Trump nahestehen, ihn beraten oder seine Produkte vermarkten, laufen derzeit Gefahr, boykottiert zu werden. Es gibt bereits mehrere online einsehbare Listen, die betroffene Firmen anführen.

Shannon Coulter startete das größte dieser Verzeichnisse, Grab Your Wallet, wegen Trumps frauenfeindlicher Aussagen. Der Druck wirkt offenbar: Die Kaufhauskette Nordstrom nahm das Modelabel von Ivanka Trump aus dem Sortiment. Und auch Uber-CEO Travis Kalanick ruderte nach "signifikanten Auswirkungen" durch Boykott zurück und verließ das Beraterteam um Trump. In dem Fall ging es um dessen Einwanderungspolitik.

Die Politisierung von Corporate America im Trump-Wahlkampf war der vorläufige Höhepunkt eines Trends: Kommuniziert wird nicht mehr nur, wie toll ein Produkt ist. Vermehrt rücken Haltungen, Werte und Einstellungen in den Mittelpunkt, die mit den Produkten nichts mehr zu tun haben.

Pepsi hat's verpatzt

Aktuelles Beispiel dafür ist Pepsi. Im neuesten Werbespot wollte man Zusammenhalt, Frieden und Verständnis darstellen, hieß es in einer Aussendung. Der Schuss ging nach hinten los, mittlerweile wurde der Spot zurückgezogen. Ursprünglich darin zu sehen war eine Demonstration. Der Anlass war zwar nicht klar, erinnerte aber stark an die Proteste der Black-Lives-Matter-Bewegung, die sich 2013 nach mehreren tödlichen Polizeiübergriffen auf Afroamerikaner formiert hatte.

Im Pepsi-Werbefilm geht eine Demonstrantin, gespielt von Topmodel Kendall Jenner, auf einen Polizisten zu und reicht ihm eine Dose des Softdrinks. Er lächelt, die Stimmung entspannt sich. Nicht so vor den Bildschirmen: Pepsi verspotte die Probleme, gegen die die Black-Lives-Matter-Bewegung kämpfe, kommentierten viele auf Twitter. "Wenn mein Vater nur gewusst hätte, welche Kraft Pepsi hat", schrieb etwa sarkastisch die Tochter von Martin Luther King.

Große Botschaften versuchen Firmen zunehmend auch in Österreich zu transportieren: "Marken haben ein Interesse daran, über ihre Produkte hinaus Haltungen zu kommunizieren. Das wird zunehmen", sagt Martin Radjaby-Rasset, Geschäftsführer der Werbeagentur Jung von Matt und verantwortlich für die Kampagne von Alexander Van der Bellen im Bundespräsidentschaftswahlkampf.

Politisch Stellung beziehen

Radjaby-Rasset zufolge honorierten Konsumenten klare Positionierungen von Unternehmen zu bestimmten Themen durchaus. Wichtigstes Gut dabei ist die Glaubwürdigkeit. Den Trend erkenne er auch bei anderen Kunden, etwa in der aktuellen Kampagne der Erste Bank: Diese wirbt neuerdings nicht für Finanzdienstleistungen, sondern dafür, an sich selbst zu glauben. Anderes Beispiel sind die Bemühungen von Coca-Cola um die Special Olympics, die weit über normale Sponsorentätigkeit hinausgehen.

Dass für Firmen letztlich Profit und nicht die Rettung der Welt zählt, wüssten die Kunden, sagt Fred Luks, der an der Wirtschaftsuniversität Wien das Kompetenzzentrum für Nachhaltigkeit leitet. Allerdings: Nur weil eine gesellschaftspolitische Haltung der PR diene, mindere sie nicht den Zweck. "Aber natürlich macht man es sich mit dieser Art von Aktionismus leicht. Früher musste man Protestbriefe schreiben oder zu Demos gehen. Heute kann ich mir gutes Gewissen mit einer Tasse Kaffee kaufen", sagt Luks.

Auch politische Statements nehmen in Österreich zu, sagt Kommunikationsberater Yussi Pick. Einige Firmen nützten Wahlen bereits für Aufmerksamkeit, etwa der Hausbesorger Attensam, der während des Wiener Wahlkampfs Sprüche wie "Einer muss aufräumen" plakatierte. Der Facebook-Post des Fruchtsaftherstellers Innocent während der Bundespräsidentenwahl ("Unsere Flaschen enthalten garantiert kein braunes Fallobst") geht für Pick bereits einen Schritt weiter.

Dass es mit zunehmenden Provokationen à la Trump in Zukunft mehr Unternehmen geben könnte, die politisch Stellung beziehen, bezweifelt keiner der Gesprächspartner. Ob sich Marken und Unternehmen so stark deklarieren wie in den USA, beeinflussen letzten Endes aber die Konsumenten. Nach Felix Baumgartners frauenfeindlichen Aussagen gab es hierzulande in den sozialen Netzwerken jedenfalls keine Boykottaufrufe. (Lara Hagen, 13.5.2017)