"Maschinen ersetzen erstmals nicht nur Muskelkraft, sondern lernen und werden autonom", sagt Gerald Bast, Rektor der Universität für angewandte Kunst in Wien. Reflektiert werden soll im Studium deshalb, welche Rolle der Mensch in dieser Gesellschaft einnimmt, noch einnehmen kann.

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Spezialisierung sei heute längst nicht mehr "das Nonplusultra", sagt Gerald Bast, Rektor der Universität für angewandte Kunst in Wien. Viel wichtiger: Zusammenhänge herstellen, mit Unsicherheit umgehen zu können. Auch Kreativität und Intuition seien wesentlich. Das neue Bachelor-Programm "Cross-Disciplinary Strategies – Applied Studies in Art, Science, Philosophy and Global Challenges" soll Studierenden ab Herbst diese Fähigkeiten vermitteln.

Technologische Entwicklungen wie Artificial Intelligence (AI), Gentechnik und Robotik verändern die Gesellschaft radikal. "Maschinen ersetzen erstmals nicht nur Muskelkraft, sondern lernen und werden autonom", sagt Bast. Reflektiert werden soll im Studium deshalb, welche Rolle der Mensch in dieser Gesellschaft einnimmt, noch einnehmen kann. "Es geht darum, die Entwicklungen philosophisch zu fundieren."

Studienschwerpunkte sind zudem Politik und Wirtschaft. "Was heißt New Economy? Was Politik in einer Zeit, da politische Institutionen erodieren?" Gleichermaßen thematisiert werden globale Trends: die Alterung der Gesellschaft, Migration und damit einhergehende Herausforderungen.

Auch technik- und naturwissenschaftliches Know-how sind Teil des Curriculums. Dieses werden externe Experten – zugesagt haben etwa Biochemikerin Renée Schröder und AI-Experte Robert Trappl – in Vorlesungen vermitteln. Auch künstlerische Methoden sollen den Studierenden gezeigt werden – "damit sie sich ihrer in ganz anderen Feldern bedienen können", sagt Bast und kündigt an: "Das wird ein Tun sein, verbunden mit einer Reflexion darüber."

In zwei Workshops soll das Gehörte zusammengedacht werden, in einem Portfolio dokumentiert. Dieses soll die Grundlage für eine Abschlussarbeit liefern.

Das neue Bachelorstudium findet in englischer Sprache am Institut "Kunst und Gesellschaft" der Angewandten statt. Es dauert – "aufgrund des anspruchsvollen Curriculums" – acht Semester. Absolventen könnten etwa in interdisziplinären Forschungsgruppen oder in Führungspositionen in Politik und Wirtschaft arbeiten, "überall dort, wo es darum geht, komplexe Entscheidungen vorzubereiten und zu fällen", sagt Rektor Bast. Bewerbungen sind ab sofort möglich, verlangt wird neben einem Lebenslauf auch ein ausführliches Motivationsschreiben.

Neue Inhalte, neue Lehre

Mit der Transformation veränderten sich aber nicht nur die Anforderungen an Junge, sondern auch die Rolle der Universitäten, die "über eine Neudefinition von Arbeit nachdenken müssen", sagt Bast. Würden Roboter künftig viele Aufgaben übernehmen, brauche es "identitätsstiftendere Formen", prognostiziert er und meint kreative und soziale Arbeit.

Zudem sollten sich Hochschulen weniger auf das Lehren von Fakten konzentrieren – es müsse vielmehr um das Verknüpfen gehen. Dabei sollten auch verstärkt digitale Lehrmethoden zum Einsatz kommen. Ob die Veränderung schnell genug geht? "Nein", sagt Bast. Reformen in Schul- und Hochschulwesen bezeichnet er als "zu kurzfristig und zu wenig radikal": "Reagieren die staatlichen Institutionen nicht rascher, übernehmen private Bildungsanbieter, die rein ökonomische Interessen haben." (lib, 15.5.2017)