Mauno Koivisto auf einem Archivbild aus dem Jahr 2002

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Helsinki – Der langjährige finnische Staatspräsident Mauno Koivisto ist tot. Koivisto sei am Freitagabend 93-jährig gestorben, teilte das Präsidialamt in Helsinki mit. Der Sozialdemokrat prägte das politische Leben als Ministerpräsident in den 1970er Jahren sowie Staatspräsident zwischen 1982 und 1994. Als Nachfolger des Langzeit-Präsidenten Urho Kekkonen führte er das Land in demokratisches Fahrwasser.

Koivisto bleibt vielen Finnen als jener Mann in Erinnerung, der das skandinavische Land durch seine maßvolle Ausübung des Präsidentenamtes wieder zum Parlamentarismus zurückbrachte, nachdem Kekkonens 25-jährige Herrschaft zeitweise an eine Alleinherrschaft erinnert hatte.

Koivisto wurde am 25. November 1923 in der westfinnischen Stadt Turku (schwedisch: Abo) als Sohn eines Tischlers geboren. Seine Mutter starb früh und 1939 rückte er im Alter von 16 Jahren in den so genannten Winterkrieg gegen die Sowjetunion ein. Nach dem endgültigen Frieden 1944 holte er die Matura nach und begann seine politische Laufbahn in der Sozialdemokratischen Partei.

Von der Gewerkschaft zur Notenbank

Die ersten politischen Lorbeeren erwarb er sich als Gewerkschaftsvertreter, als er 1949 die Hafenarbeiter-Gewerkschaft vor einer kommunistischen Übernahme bewahrte und damit für die unter Druck stehende sozialdemokratische Regierung die Rolle der Feuerwehr übernahm. 1952 heiratete Koivisto die Wirtschaftsstudentin Tellervo Kankaanranta, mit der er eine Tochter hatte. Ende der 1950er Jahre wechselte er in den Bankensektor und brachte es dort bis zum Notenbankpräsidenten.

Im Jahr 1968 setzte ihn Präsident Kekkonen erstmals als Ministerpräsidenten ein, wurde aber in den 1970er Jahren wieder abgelöst. Obwohl ihn der Präsident mittlerweile als Rivalen betrachtete, wurde Koivisto im Jahr 1979 wieder Ministerpräsident. Im Jahr 1982 wurde Koivisto dann in einer wegen Kekkonens Gesundheitszustand vorgezogenen Präsidentenwahl mit breiter Mehrheit zum Staatspräsidenten gewählt.

Koivisto bereitete während seiner zwei turbulenten Amtszeiten – in sie fielen sowohl die überhitzte, so genannte "Kasinowirtschaft" als auch die anschließende schwere Wirtschaftskrise – eine schrittweise Demontage der Präsidialrepublik vor. Sein Nachfolger Martti Ahtissaari wurde 1994 nach einer Verfassungsänderung erstmals direkt vom Volk gewählt. Mit einer weiteren Verfassungsreform im Jahr 2000 wurde das Amt des Präsidenten endgültig auf repräsentative Funktionen eingeschränkt.

Koivisto zählte auch zu den entschiedensten Befürwortern eines EU-Beitritts Finnlands, das im Kalten Krieg ähnlich wie Österreich neutral gewesen war. Ein Jahr nach seinem Abschied aus dem Amt trat Finnland gemeinsam mit Österreich und Schweden der Europäischen Union bei. In den immer wiederkehrenden Diskussionen über einen NATO-Beitritt Finnlands positionierte er sich als Verfechter der Bündnisfreiheit des Landes.

Nach seiner Amtszeit vertrat Koivisto Finnland noch mehrmals bei Staatsanlässen im Ausland, unter anderem bei den Begräbnissen der britischen Queen Mum im Jahr 2002 und des früheren US-Präsidenten Ronald Reagan im Jahr 2004. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich im Vorjahr wegen einer Alzheimer-Erkrankung und er wurde pflegebedürftig. Im Jänner wurde er nach einem Sturz, bei dem er sich die Hand brach, in ein Pflegeheim aufgenommen. (APA, 12.5.2017)