Die Akklimatisierung schreitet voran. Markus Amon und ich haben fünf anstrengende Tage und vier wahrscheinlich noch anstrengendere Nächte in den Hochlagern verbracht. In Zuge dessen sind wir mehrmals auf fast 7200 Meter aufgestiegen und haben dort unsere Nächte verbracht. Unsere Akklimatisierung läuft bisher ganz gut ab – wir haben
die vorgenommenen Ziele erreicht.

Aufstieg durch den Khumbu-Eisbruch
Foto: Markus Amon

Wir steigen vom Basislager auf, diesmal aber direkt bis ins Lager 2 auf 6500 Meter. Markus hat von Anfang an einen vollen Rucksack. Ich selbst steige mit etwas leichterem Gepäck durch den Khumbu-Eisbruch bis ins Lager 1, baue dort unser Zelt ab und transportiere unsere Ausrüstung ins Lager 2.

Nach einer Nacht im Lager 2 geht es weiter hinauf. Das Lager 3 liegt ziemlich genau in der Mitte der Lhotse-Flanke. Man muss also bis ans Ende des Western Cwm gehen – Cwm ist ein meines Wissens nach ein schottischer Ausspruch für Tal, der auf englisch "Cumb" ausgesprochen wird –, und dort über die circa 15 bis 20 Meter hohe Randspalte und dann die ungefähr 35 bis 40 Grad steile Schnee- und Eisflanke aufsteigen. Hier wurde ein Fixseil gespannt, an dem man sich einhängen und mit Hilfe einer Steigklemme entlang des Seiles, aufsteigen kann.

Aufstieg durch die Lhotse-Flanke.
Foto: Hannes Gröbner

Am Abend, wenn man die vielen Hochträger und anderen Bergsteiger
beobachtet, die das Lager 2 teilweise um Mitternacht oder um 2 Uhr morgens nach oben hin verlassen, sieht man dann eine durchgehende
Lichterkette, die sich durch die Flanke hinaufschlängelt.

Die ganzen Hochträger, die die verschiedenen Lager versorgen,
starten mitten in der Nacht. Wir selbst starten an diesem Tag gegen 9 Uhr. Mit der angenehm warmen Sonne im Rücken hat es nur wenige Grade unter Null.

Lager 3 auf 7200 Meter.
Foto: Markus Amon

Markus hat unser Zelt unter einem senkrechten Eisabbruch am
obersten Ende des Lager 3 auf 7200 Meter aufgebaut. Aufgrund der für mich zu schweren Last – Zelt im Rucksack, die damit verbundene Anstrengung und die noch ungewohnte Höhe – erreiche ich nur das untere Lager 3 und nicht unser von Markus aufgestelltes Zelt. Ich deponiere dort meine Last und bin wieder in das Lager 2 abgestiegen, wo ich im dichten Schneetreiben angekomme. Bald war auch Markus wieder unten.

Rasttag im Lager 2.
Foto: Hannes Gröbner

Nach einem Rasttag steigen wir mit unseren Schlafsäcken und Matten ins Lager 3 auf. Im Vorbeigehen habe ich die deponierte Last wieder aufgenommen und bis zu unserem Zelt auf 7200 Meter getragen. Hier richten wir uns ein – die Nacht war wieder schlecht für mich. Ich habe die große Höhe gespürt, hatte Kopfweh und ein allgemeines Unwohlsein. Deswegen steigen wir am nächsten Tag wieder ins Basislager ab.

Spaltengewirr im Khumbu-Eisbruch.
Foto: Markus Amon

Der Weg durch den Khumbu-Eisbruch hat sich in der Zwischenzeit rasant verändert. Aufgrund von Eisabbrüchen und Einstürzen mussten die "Icefall
Doctors" einen fast gänzlich neuen Weg durch den Khumbu-Eisbruch finden
und bauen. Der jetzige, neue Weg ist um einiges länger als vorher. Nun muss man den Eisbruch nahezu waagrecht queren, bevor man absteigen kann.

Hannes in der Lhotse Flanke
Foto: Hannes Gröbner

Fazit nach fünf Tagen am Berg: Wir haben drei Zelte am Berg aufgebaut, waren zweimal auf 7000 Meter und hatten eine Übernachtung auf dieser Höhe, und unsere Form ist auch zufriedenstellend.

Kraft und Energie tanken im Basislager

Nach den anstrengenden Tagen stehen ein paar gemütliche Tage im Basislager an. Gutes Essen in rauen Mengen, viel Schlaf, viel Entspannung und eine warme Dusche, um das Mühsal des Berges endgültig abzuwaschen. Durch die tolle Betreuung von unserem Basislagerteam Gopi, Wong Di und Bim, unserem neuen Küchenjungen und nach einem Besuch von anderen Österreichern hier aus dem Everest-Basislager, Hans Wenzel aus Kärnten und Martina Bauer aus Wien, fühlen wir aber schon wieder den aufkommenden Tatendrang und die Lust, nach oben in die dünne Luft vorzustoßen.

Vollmondnacht im Basislager
Foto: Markus Amon

Das Wetter ist derzeit allerdings nicht auf unserer Seite: zu viel Wind
in der Höhe, zu kalte Temperaturen, um an einen Gipfelanstieg zu denken.
Wir hoffen, dass in den nächsten Tagen die Temperaturen um circa 5 bis 8
Grad wärmer werden. Danach planen wir nochmals zwei Nächte in den oberen Lagern zu verbringen.

Anschließend heißt es dann für uns warten, bis sich endlich ein (erstes)
Wetterfenster für den Gipfel aufmacht. Noch hat niemand den Gipfel erreicht, Fixseile sind noch keine verlegt, insofern gilt der Gipfel noch als
gesperrt, weil die "Icefall Doctors" hier absoluten Vorrang haben und
niemand den Gipfel erreichen darf, solange er nicht frei gegeben wurde. (Hannes Gröbner, 13.5.2017)