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Brigitte Macron hielt sich bei der Amtseinführung ihres Mannes Emmanuel eher im Hintergrund.

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François Hollande winkte zum Abschied.

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"Ich weiß, die Franzosen erwarten viel von mir", erklärte Frankreichs neuer Präsident Emmanuel Macron am Sonntag bei der Amtsübernahme im Élysée-Palast. Er werde aber alles tun, um ihnen wieder Vertrauen und "Lust auf die Zukunft" zu geben. "Wir stehen am Beginn einer außerordentlichen Renaissance", sagte Macron in seiner Rede, in der er seine Entschlossenheit zur Reform des Arbeitsrechtes bekräftigte. Die Gewerkschaften warnte er: "Ich werde bei nichts nachgeben."

Zuvor hatte Macron (39) die Amtsgeschäfte von seinem Vorgänger François Hollande in einer feierlichen Zeremonie übernommen. Die beiden besprachen sich eine gute Stunde hinter geschlossenen Türen, wobei der scheidende dem neuen Staatschef auch den Geheimcode für die französischen Atomwaffen aushändigte.

Hollande lobt sich selbst

Hollande verließ den Élysée-Palast unter dem Applaus seiner Mitarbeiter und nach einer herzlichen Verabschiedung durch seinen früheren Wirtschaftsminister, der ihm nun im Élysée folgt. Die Stimmung erinnerte an die Amtsübergabe von Jacques Chirac an seinen Parteifreund Nicolas Sarkozy im Jahr 2007. Fünf Jahre später hatte Hollande seinen politischen Widersacher Sarkozy eher unelegant aus dem Élysée entlassen. Anders als damals nahmen die Lebensgefährtinnen diesmal nicht an der Zeremonie auf den Élysée-Treppen teil. Brigitte Macron hielt sich im Hintergrund.

Nur Minuten nach seinem Abgang übernahm Hollande wie gewohnt die Rolle politischer Kommentatoren und zog selbst das Fazit seiner Amtszeit: "Ich lasse Frankreich in einem weit besseren Zustand zurück, als ich es vorgefunden hatte." Unerwähnt blieb, dass die Arbeitslosigkeit seit seinem Amtsantritt 2012 um fast 600.000 Erwerbslose gestiegen ist und ein Rekordhoch erreicht hat.

Wie es die republikanische Tradition vorsieht, fuhr Macron am Nachmittag die Champs-Elysées in einem offenen Wagen stehend ab. Auf der Prachtavenue, wo vor den Wahlen ein Polizist bei einem Terroranschlag ums Leben gekommen war, benützte der neue Präsident ein Militärfahrzeug.

Vom Heiland enttäuscht

Macron wollte schon heute, Montag, nach Berlin reisen, um Kanzlerin Angela Merkel zu treffen. Dabei handelt es sich um mehr als eine diplomatische Gepflogenheit der "deutsch-französischen Freundschaft". Die Regierungs chefin und der französische Ex-Wirtschaftsminister kennen sich seit längerem und müssen sofort zur Sache kommen, um ihre teils sehr unterschiedlichen EU-Pläne abzustimmen. Macron machte in seiner Antrittsrede klar: "Wir brauchen ein effizienteres, demokratischeres und politischeres Europa, weil es das Instrument unserer Macht und Souveränität ist."

Am Montag will der neue Präsident seinen Premierminister vorstellen. Macron hatte sich bisher zu der Personalie sehr bedeckt gehalten.

Seine Entscheidung gilt als richtungsweisend für den Wahlkampf vor den Parlamentswahlen im Juni. Sollte Macron in der Nationalversammlung keine Mehrheit bekommen, würde das seinen Handlungsspielraum stark einschränken.

Ernüchterung in Berlin

In Berlin weicht die anfängliche Erleichterung über Macrons Wahlsieg vor einer Woche bereits einer gewissen Ernüchterung. Der "europäische Heilsbringer" (Die Zeit) bringt nicht die gleichen Vorstellungen wie die deutsche Regierung mit. Während des Wahlkampfes hatte er Deutschland einen Deal vorgeschlagen: Frankreich ziehe Strukturreformen durch, dafür kurble Deutschland seine Investitionen und den Binnenkonsum an, um die EU wieder auf Trab zu bringen. Für den gemeinsamen Währungsraum empfiehlt er die Schaffung eines Euro-Finanzministers und -Parlamentes. Es soll über ein Budget verfügen und nicht zuletzt über die Vergemeinschaftung der Schulden vermittels "Eurobonds" befinden. Das kommt für Merkel nicht infrage. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kann sich einen Euro-Minister zwar vorstellen, wie er sagte – aber nicht etwa, um neue Investitionen zu tätigen, sondern nur, um die Defizitgrenzen einzuhalten.

Schwierige Gespräche

Merkel meinte allerdings am Samstag, sie wolle alles tun, "um Frankreich zu helfen". Wie genau, ist in ihrer Koalition umstritten. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) schlägt vor, Macrons Ansinnen in einen "deutsch-französischen Investitionsfonds" umzusetzen. Schäuble lehnte diese Idee am Wochenende mit dem Hinweis ab, jedes Land müsse "sich zuerst selbst stärken".

Die Konstellation ist damit ähnlich wie vor fünf Jahren, als der neu gewählte Präsident Hollande mit der SPD gemeinsame Sache gemacht hatte, aber bei Schäuble auf Granit biss. Wie sich Macron in Berlin behaupten wird, hängt wohl nicht nur von ihm ab, sondern fast eher vom Ausgang der Bundestagswahlen im September.

Merkel will aber eine neue Isolation auf europäischer Ebene vermeiden. Dabei drängt die Zeit. Wenn der italienische Expremier Matteo Renzi nächstes Jahr an die Macht zurückkehren sollte, könnte Macron wie zuvor Hollande versucht sein, mit Madrid und Rom eine "Koalition des Südens" gegen Berlin zu schmieden. (Stefan Brändle aus Paris, 14.5.2017)