Soldaten blockierten am Montag den Gütertransfer in Côte d'Ivoire, dem größten Kakaoproduzenten der Welt.

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Auch in der größten Stadt des Landes, Abidjan, brachten meuternde Soldaten das öffentliche Leben zum Erliegen.

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Die Meuterer fordern von der Regierung einen Bonus von fast 17.300 Euro. Auch im vergleichsweise wohlhabenden Côte d'Ivoire eine astronomische Summe.

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Yamoussoukro/Wien – Alles war eigentlich schon ausgemacht: Nach einer Meuterei im Jänner hatte die Regierung von Côte d'Ivoire 8.400 aufständischen Soldaten ein großzügiges Angebot vorgelegt. Jeder sollte umgerechnet rund 17.300 Euro Bonus erhalten – auch im vergleichsweise wohlhabenden Côte d'Ivoire eine astronomische Summe. Doch dann intervenierte der Weltmarkt. Nach einer ersten Ratenzahlung musste die Regierung ihre Überweisungen einstellen. Man habe selbst kein Geld mehr, argumentierte das Kabinett. Denn in der Zwischenzeit war der Preis des Hauptexportprodukts Kakao massiv eingebrochen. Mittlerweile hat er sich zwar wieder etwas erholt, doch der Sold blieb aus, und der Ärger der Soldaten wuchs.

Seit einigen Tagen wird in Côte d'Ivoire wieder geschossen, darunter auch in der größten Stadt Abidjan und im wirtschaftlich wichtigen Hafen San Pedro. Was wiederum Folgen für den Kakaopreis in Europa hat: Denn diesmal blockieren die Soldaten auch den Ort Daloa, durch den ein Großteil der ivorischen Kakaoproduktion fließt, die ihrerseits 40 Prozent des Weltmarkts ausmacht. Auch Kakaotransporte wurden gestoppt, mindestens 200 Lkws sollen zum Stehen gebracht worden sein. Der Export kam am Montag vorübergehend zum Erliegen, der Preis stieg seit vergangener Woche um rund zehn Prozent.

Erinnerungen an den Bürgerkrieg

Ob die Spannungen wieder durch einfache Verhandlungen zu lösen sind, ist nicht ganz sicher. Denn in Côte d'Ivoire geht es nicht nur um Tarifgespräche, die ihre Fortsetzung in Gewalt finden, sondern um eine nur wenig aufgearbeitete Geschichte des Bürgerkriegs. Die nun meuternden 8.400 Soldaten waren erst 2011 im Zuge eines Friedensvertrags in die Armee integriert worden, schon zu diesem Anlass wurden ihnen hohe Bonuszahlungen versprochen.

Damals sollte der Konflikt wieder beendet werden, der sich nach der Präsidentenwahl 2010 zwischen dem damaligen Amtsinhaber Laurent Gbagbo und seinem Gegner Alassane Ouattara entsponnen hatte. Mehr als 3.000 Menschen waren bis April 2011 getötet worden, als nach vier Monaten Krieg ("Zweiter Ivorischer Bürgerkrieg") der von der internationalen Gemeinschaft unterstützte Ouattara Gbagbo besiegt hatte. Die nun meuternden 8.400 Soldaten hatten damals als Söldner für Ouattara gekämpft, er verdankt seinen Sieg auch ihnen.

Ein gespaltenes Land

Die noch größere Sorge gilt aber nicht einem Wiederaufleben des Zweiten, sondern des Ersten Ivorischen Bürgerkriegs, dem zwischen 2002 und 2007 tausende Menschen zum Opfer gefallen waren und dessen Geschichte die volle Sprengkraft der ethnischen und religiösen Spannungen und den Verteilungskampf um Ressourcen in Côte d'Ivoire zeigt.

Das Land ist kulturell, religiös und wirtschaftlich in zwei Teile gespalten: einen wohlhabenderen, mehrheitlich christlichen Süden, der früher vor allem in Gbagbo einen Vertreter fand; und einen ärmeren, mehrheitlich muslimischen Norden, in den in den vergangenen Jahrhunderten und Jahrzehnten außerdem zahlreiche Arbeiter aus den ärmeren Nachbarstaaten zugewandert waren. Ihre Staatsbürgerschaft als Ivorer stellen Gegner der aktuellen Regierung Ouattaras infrage – was zur aufgeheizten Lage beiträgt, weil sie ethnisch eng mit der indigenen Bevölkerung dieser Gebiete verwandt sind.

Ein Zentrum der Kämpfe war stets das in der Mitte des Landes gelegene Boukaé, die zweitgrößte Stadt des Landes. Dort haben auch die aktuellen Meuterer ihr Hauptquartier. Proteste gegen den Aufstand, zu denen die Regierung aufgerufen hatte, fanden nur wenig Zuspruch und wurden von den Soldaten am Montag schnell niedergeschlagen. Unsicher ist, ob das Kabinett nun wieder bereit ist zu verhandeln. Zuletzt hatte es ungeschickt agiert: Die Regierung hatte am Freitag offenbar einen Sprecher der Meuterer vorgeschickt, der im Namen seiner Soldaten einen Verzicht auf das Geld verkündete, wofür Präsident Ouattara ihm auch prompt herzlich dankte. Allein: Die Soldaten selbst wussten nichts von ihrem angeblichen Verzicht auf die 17.300 Euro. Die verkündete Einigung fachte ihren Ärger neu an.

Am Montag hat die Regierung erneut das Ende der Soldatenmeuterei verkündet. Man habe eine Vereinbarung mit den protestierenden Soldaten erzielt, sagte Verteidigungsminister Alain-Richard Donwahi im Staatsfernsehen. Zwei Sprecher der meuternden Soldaten stellten dies jedoch in Abrede. (Manuel Escher, 15.5.2017)