Als vergangene Woche Sebastian Kurz nach dem Rücktritt von ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner seine Vorstellungen, Bedingungen und Visionen für die Zukunft präsentierte, war die Kulisse, vor der er sprach, bewusst gewählt. Aus mehrfachem Grund: Einerseits signalisierte der marmorne Adolf-Mock-Saal mit den einzigartigen Deckenfresken von Leopold Kupelwieser Traditionsbewusstsein, andererseits war der historisch bedeutungsschwangere, mit EU-Fahne geschmückte Ort natürlich ein Versprechen an die Zukunft. Dort, wo heute das Außenamt der Republik Österreich residiert, befand sich einst die Niederösterreichische Statthalterei in Wien. Wer sich im Detail mit der Geschichte des Gebäudes und dessen Kunst auseinandersetzen will, dem sei Sigrid Eyb-Greens Monografie Das zusammengedrängte Gedenken ans Herz gelegt.

Zweifellos zählen Kupelwiesers Deckenfresken in der ehemaligen Niederösterreichischen Statthalterei zu den bedeutendsten patriotischen Geschichtszyklen – Herrschern, Schlachten und Staatsakten huldigend. Eyb-Green setzt sich differenziert mit inhaltlichen Komplexen, künstlerischen Aspekten und bewusst betriebener Geschichtsrezeption auseinander.

Die Betrachtung von Eyb-Green kann aber auch abseits der Gemäldebeschreibung als Glücksfall bezeichnet werden, denn gerade der interdisziplinäre Zugang der Historikerin zeigt eindeutig das politische Momentum der Verquickung von Kunst, Symbolik, von Mythologie, Realpolitik und Kommunikationswesen.

Stichwort Inszenierung: Dass sich der amtierende Außenminister und designierte Parteichef direkt unter den allegorischen Figurinen der Kraft und der Wahrheit positionierte, war mit Sicherheit kein Zufall. (Gregor Auenhammer, 17.5.2017)