Liebe Familie: Marianne Nentwich (li.), Martin Niedermair und Elfriede Schüsseleder.

Foto: Herwig Prammer

Wien – Welcher US-Präsident hat sich aufgrund einer Persönlichkeitsstörung in ein Sanatorium einweisen lassen? Falsch. Es war Theodore Roosevelt, der Donnerstagabend in den Kammerspielen am Ende von Arsen und Spitzenhäubchen einmal mehr seinen Tanten diesen Gefallen erwies.

Dass die beiden alten Damen Abby (Marianne Nentwich) und Martha Brewster (Elfriede Schüsseleder) den unzurechnungsfähigen Neffen (Alexander Pschill) in die Nervenheilanstalt begleiten, weil sie sich nicht von ihm trennen mögen, ist in Joseph Kesselrings schwarzhumorigem Klassiker von 1939 der rettende und buchstäblich letzte Ausweg. Denn mit den zwölf einsamen, alten Herren, für die Präsident Teddy im Auftrag der lustigen Tanten einen Stock tiefer am Panamakanal mitgeschaufelt hat, haben die Brewsters ihre – das muss an dieser Stelle sein – Leichen im Keller.

Weil in der bereits in die Jahre gekommenen Übersetzung von Helge Seidel dargeboten, halten sich in der Inszenierung von Fabian Alder Tagespolitik und Systemkritik vom Text fern und ist der zeithistorische Horizont mit präsidialen Anspielungen auf Nixon erreicht. Und das ist gut so.

Denn was sich im Haus der Brewsters zwischen weiß getünchter Portiersloge, Treppenabsatz und Aufzugsgitter (Bühnenbild: Nikolaus Frinke) abspielt, ist ohnehin ein sich selbst genügendes Universum. Turbulenzen, Tempo und Teddys Trompetengedröhne reichen für einen Abend.

Nicht nur der mitten im Kuddelmuddel landende, das Theater hassende, schmuddelige Theaterkritiker Mortimer (Martin Niedermair) muss also hier Nerven beweisen, zumal sein Mörderbruder Jonathan (Markus Kofler als schmieriger Boris Karloff wider Willen) lange Schatten an die Wände des kleinbürgerlichen Heims wirft.

Der stehende Premierenapplaus galt jedenfalls Marianne Nentwich, deren 75. Geburtstag es auch auf der Bühne zu feiern galt. Zu jenem Wein, der angeblich erst im Alter besser wird, gehört aber nicht jener aus Holunder, den die Geschwister Brewster so gerne servieren. (Michael Pekler, 19.5.2017)