Ein prominenter Gast mehr im Wiener Cafe Museum: Jakob Pöltl.

Foto: APA/Neubauer

Unter dem Tisch ist genug Platz für lange Beine.

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Die ohnedies nur kurze Zeit in Wien ("nach Hause zu kommen ist ein tolles Gefühl") genieße er mit seiner Familie und mit Freunden.

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Wien – Es ist nicht so, dass Jakob Pöltl in der Wiener Innenstadt von Autogrammjägern überrannt wird. Aber auf dem Weg ins Kaffeehaus wird er da und dort erkannt. "Es passt, das Interesse hält sich in Grenzen." Österreichs erster Basketballer in der NBA freut sich über seinen ersten Heimaturlaub seit einem Jahr. Und auf das Hotel Mama. "Ich bekomme jeden Tag etwas zu essen. Schnitzel gab es schon, Marillenknödel wird es noch geben."

Wobei, so ganz legt der 21-Jährige den Ball nach einer stressigen Rookie-Saison bei den Toronto Raptors nicht ins Eck. In der Wiener Stadthalle arbeitet er täglich ein bis zwei Stunden an seinem Wurf. "Darauf lege ich meinen Fokus." Darauf muss er seinen Fokus legen. "Die Spielweise in der NBA entwickelt sich dahingehend, dass alle fünf Spieler am Feld gut werfen können."

Jakob Pöltl zieht in Wien positive Bilanz über sein erstes NBA-Jahr.

Keine Schonfrist mehr

Trotz des Ausscheidens in der zweiten Playoff-Runde gegen die Cleveland Cavaliers und King James ist Pöltl aus Toronto mit einem guten Gefühl weg geflogen. Trainer und Management "planen mit mir, aber der Rookie-Bonus ist aufgebraucht." Die erste Saison diente zum Kennenlernen der NBA, ab sofort zählt nur mehr die Leistung. Pöltls Terminkalender bleibt voll: Ende Mai fährt Pöltl nach Bamberg, trainiert dort mit Stefan Weissenböck.

Der Niederösterreicher ist Individualtrainer beim achtfachen deutschen Meister, hat aus europäischen Talenten gestandene NBA-Spieler gemacht. Ziel ist es natürlich auch Kilos zuzulegen. "Ich werde aber nie so ein Brecher sein wie Dwight Howard oder Andre Drummond. Ich möchte mich wehren können."

Eine lange NBA-Saison mit über 100 Spielen hat ihre Spuren hinterlassen. Auch wenn Pöltl nicht immer zum Einsatz kam. "Die mentale Müdigkeit ist größer als die körperliche."

Ehrgeizige Pläne

Viel Zeit bleibt nicht zum Abschalten. Im Juni geht es schon wieder zurück nach Kanada zum Training, im Juli wird der 2,13 Meter große Center in der Summer League in Las Vegas spielen. Ein Ausflug zum Nationalteam ist erst im August geplant, die WM-Vorqualifikationsspiele gegen Albanien und die Niederlande in Schwechat könnten sich ausgehen. Der Verband (ÖBV) muss Pöltl für die Toronto Raptors versichern, von 15.000 Dollar ist die Rede. "Die Summe hängt aber auch davon ab, wie lange ich beim Nationalteam dabei bin."

Ob sich Jakob Pöltl nach seinem ersten Jahr in der NBA verändert hat? "Nein. Es war manchmal frustrierend, nur zuzuschauen. Aber ich bin nie verzweifelt." Dafür hat der 21-Jährige viel "kleine Dinge" gelernt. Es geht um das richtige Positionieren in der Verteidigung, aber auch um das richtige Timing in den Systemen in der Offensive. Basketball kann so ein einfaches Spiel sein. "Im Idealfall bewegen sich fünf Spieler an einer Schnur. Damit sind meine Mitspieler auch abhängig von mir."

Quo vadis Toronto?

Für die Toronto Raptors endete die Saison mit einer herben Enttäuschung. Gegen LeBron James und Cleveland war man chancenlos. Präsident Masai Ujiri fordert einen "culture reset". Spielmacher Kyle Lowry, der in den vergangenen zwei Jahren vor allem in den Playoffs enttäuschte, wird den Verein wohl verlassen. Die weiteren Free Agents Serge Ibaka, PJ Tucker und Patrick Patterson könnten sich ebenfalls einen neuen Arbeitgeber suchen. Das ist auch eine Chance für Toronto. Es wird wohl kein Stein auf dem anderen bleiben, der Kader umgebaut werden. "Darüber mache ich mir aber keine Gedanken." (Florian Vetter, 19.5.2017)