1. Post vom ORF-General – und ein bisschen Medienbotanik

Für Montag hat sich ORF-General Alexander Wrabetz vorgenommen, den tausenden ORF-Mitarbeitern zu schreiben. Mit dem Mail dürfte er seine Position offiziell machen, dass die TV-Information schon seit Jänner der Generaldirektion untersteht – also ihm – und nicht mehr der Direktorin für TV/Programm. Der gedruckte STANDARD berichtete übrigens vorige Woche von dieser Sicht. Die Position fußt auf der Ausschreibung für die Programmdirektion und Wrabetz' Geschäftsverteilung für seine dritte Amtszeit.

Das Schreiben könnte eine Art kleine Organisationsanweisung sein – die große, mit der er Channel Manager für ORF 1 und ORF 2 einrichtet und unter ihnen die TV-Information aufteilt, hat Wrabetz ja auf nach der Nationalratswahl verschoben. Am Plan soll er festhalten, versichern auch Menschen, die von der Neuorganisation und ihrer Besetzung weniger begeistert sind.

Mit den Ankündigungen ist das so eine Sache – Montag ging sich das Mail dann doch nicht aus. Nächste Chance: Dienstag. Und vielleicht erzählt Wrabetz am Dienstag seinen Publikumsräten, wie er sich das alles vorstellt – zum Beispiel dem Medienpsychologen und stellvertretenden Ratsvorsitzenden Peter Vitouch. Dessen botanisch nicht ganz tragfähiger Befund über Armin Wolf ("brutale Mimose"') begeisterte zuletzt etwa "Krone.at".

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Eine Mimose in brutalster Blüte.
Foto: REUTERS/Sergei Karpukhin

Die Woche drauf darf man sich auf eine ähnliche Debatte vor dem mit Kompetenzen ausgestatteten ORF-Gremium einstellen, also dem Stiftungsrat. Neben der noch ein Stück gewichtigeren Debatte, wie Alexander Wrabetz das aus dem Ruder gelaufene 303-Millionen-Sanierungsprojekt ORF-Zentrum samt Neubau und immer fraglicherem Funkhaus-Verkauf noch auf die Reihe bringen will. "Adaptiert" jedenfalls, soviel lässt sich sagen – wohl mit einer Abkehr vom neugebauten großen Newsroom und vom Auszug aus dem Funkhaus. Klingt ein bisschen nach der vertagten ORF-Struktur. Nur noch definitiver abgesagt.

Typische Handbewegung: Wrabetz nach der zweiten Wiederwahl 2016.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Abwarten also, welche Vorstellungen welche nächste Regierung für den ORF hat – es sind üblicherweise keine, die Unabhängigkeit und kritischen Journalismus befördern, auch wenn solche Ziele üblicherweise formuliert werden. Wenn man die Presseförderung reformieren will, sagt man ja auch nicht laut, dass man vor allem dem Boulevard mehr offizielles Fördergeld zukommen lassen möchte.

2. Kein Menschenrecht auf Politik-Sendung

Auf den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist in Sachen öffentlich-rechtliches Fernsehen und Politikberichterstattung auch kein Verlass: 13 Italienerinnen und Italiener haben sich in Straßburg beschwert, dass Italiens parlamentarische Medienkommission die Rai zwischen 2008 und 2013 nicht gezwungen hat, ihr Debattenformat "Tribune Politiche" auszustrahlen, obwohl sie laut Gesetz auch für Sendungen mit politischem Inhalt zuständig ist. Wenn ich da nichts missverstanden habe, ist das eine Art "Pressestunde" in weit größerem Rahmen, vielleicht eher eine Art TV-Pressekonferenz. Sorry, sagt nun der Europäische Gerichtshof, aber eine Gruppe von TV-Zuschauern kann sich nicht darauf berufen, dass sie Opfer einer Menschenrechtsverletzung wurden. Jedenfalls nicht vor dem Menschenrechtsgericht und jedenfalls nicht nach dem von der Europäischen Menschenrechtskonvention garantierten Recht auf Meinungsfreiheit.

3. Yes, Minister

Für Dienstag haben sich die EU-Kulturminister vorgenommen, die neue AV-Mediendiensterichtlinie zu beschließen. Sie soll bisher vor allem für Fernsehsender geltende Regeln auch auf Streamingplattformen ausdehnen – etwa einen Mindestanteil an europäischen Produktionen. Das EU-Parlament wünschte sich 30 Prozent für Netflix, Amazon und Co., die Minister sollen nun 20 Prozent beschließen.

Aber wie bei den Organisationsanweisungen im ORF gilt auch hier: Entwürfe werden binnen Tagen und Stunden Makulatur. Was beschlossen und veröffentlicht ist, gilt. Einen Richtlinien-Entwurf auf tragfähigem Letztstand konnte die Etat-Wochenschau leider nicht auftreiben. Abwarten, in dem Fall auf Dienstag.

4. Entscheidung über Verlagsriesen-Manager

Vielleicht keine Frage von Tagen, gewiss aber Wochen ist ein Managerjob bei einem österreichischen Verlagsriesen. Die Rede ist nicht von "Krone"/"Kurier"/Mediaprint, sondern diesmal von der Nummer zwei im Land, der Styria ("Kleine Zeitung", "Die Presse"). Und, wenn man so will, von der Nummer zwei der Styria, Klaus Schweighofer.

Der Vertrag des längstdienenden Styria-Vorstandsmitglieds – seit 2002 im Styria-Management, seit 2008 im Vorstand – steht in diesen Wochen zur Verlängerung an. Der aktuelle Vertrag dürfte bis Ende 2017 laufen, eine Entscheidung sollte also recht bald fallen. Aber das wissen Sie als regelmäßige Leserinnen und Leser der Etat-Wochenschau ohnehin längst.

Der aktuelle Styria-Vorstand: Klaus Schweighofer, Markus Mair (Vorsitzender), Kurt Kribitz.
Foto: Styria/Christian Jungwirth

5. Im Boot mit Kern

Was Verlagsmanager und andere Medienmacher so umtreibt, und was der Kanzler dazu sagt, will der European Newspaper Congress am Montag und Dienstag in Wien vermitteln. Christian Kern fragt sich dort laut Programm, ob er im selben Boot sitzt wie die Medien. Ja, es geht wieder einmal um "Politik und Medien im Zeitalter von Fake News und Populismus".

Was vorige Woche fehlte

Schon wieder eine neue Rubrik in der Etat-Wochenschau: Die Lücke der Woche(nschau) – die Selbstkritik-Rubrik. Zuletzt fehlte eindeutig: der Abschied von STANDARD-Co-Herausgeberin Alexandra Föderl-Schmid nach 27 Jahren beim STANDARD und zehn Jahren als dessen Chefredakteurin. Und natürlich auch, dass Föderl-Schmid als Israel-Korrespondentin zur "Süddeutschen Zeitung" wechselt. Lücke drei: Wer nach ihr Chefredakteur oder Chefredakteurin des STANDARD wird. Sorry: Da bin ich mindestens so gespannt wie Sie.

Wo was weitergeht

Wie sich der Fünf-Punkte-Plan der Etat-Wochenschau in der österreichischen Medienrealität materialisiert, und was sich dort auch ganz ohne Prognose tut, lesen Sie – so rasch wie möglich – auf derStandard.at/Etat. Bleiben Sie dran. (Harald Fidler, 22.5.2017)