Berlin –Die Regierungsparteien im deutschen Bundesland Berlin haben sich auf einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung von möglichem Behördenversagen im Fall des Weihnachtsmarkt-Attentäters Anis Amri verständigt.

Das teilten die Fraktionen von SPD, Linken und Grünen am Montag in einer gemeinsamen Erklärung mit. Der Ausschuss könnte seine Arbeit nach dem 3. Juli beginnen, wenn der Zwischenbericht des Sonderermittlers Bruno Jost vorliegt. Es gebe neben gravierenden Einzelfehlern der Sicherheitsbehörden strukturelle Fragen auch im Zusammenspiel zwischen Bund und Ländern, hieß es.

Amri hatte im Dezember in der deutschen Hauptstadt bei einem Lkw-Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche zwölf Menschen getötet. Kürzlich waren mutmaßliche Manipulationen bei der Kriminalpolizei an den Ermittlungsakten bekanntgeworden.

Ermittler hätten in den Akten weitere Manipulationen durch LKA-Mitarbeiter festgestellt, berichtete die "Berliner Morgenpost" am Wochenende unter Berufung auf Innensenator Andreas Geisel (SPD).

"Damit verfestigt sich der Eindruck, dass es sich bei den ersten Löschungsversuchen nicht um Zufall handelt", sagte Geisel. Es sei daher richtig gewesen, Anzeige wegen Strafvereitelung im Amt und Urkundenfälschung zu erstatten.

Namen gelöscht

Nach Informationen der Zeitung wurden nicht nur Erkenntnisse über Amri gelöscht, die auf "gewerbsmäßigen, bandenmäßigen Handel mit Betäubungsmitteln" hinwiesen. Die Beamten sollen auch Namen aus dem Drogenumfeld von Amri gelöscht haben. Möglicherweise sei damit versucht worden, das Ausmaß des Drogenhandels von Anis Amri zu verharmlosen und Fehler zu vertuschen.

Zu den Details wollten sich Geisel und der externe Sonderermittler Bruno Jost am Montag in der Sondersitzung des Innenausschusses des Abgeordnetenhauses äußern.

Akten manipuliert

Am Mittwoch hatte der Innensenator bekannt gemacht, dass im Berliner LKA Ermittlungsakten manipuliert worden seien, um die versäumte Gelegenheit einer Festnahme Wochen vor dem Anschlag zu vertuschen. Demnach hatte es ausreichend Erkenntnisse gegeben, um einen Haftbefehl für Amri wegen gewerbsmäßigen und bandenmäßigen Drogenhandels zu erwirken.

Der Tunesier hatte am 19. Dezember einen polnischen Lastwagen gekapert und war damit auf einem Weihnachtsmarkt in die Menschenmenge gerast. Zwölf Menschen starben, 67 wurden verletzt. Seit April überprüft der Sonderermittler Jost den Umgang der Behörden mit dem Fall Amri. Anders als in Nordrhein-Westfalen hat Berlin keinen parlamentarischen Untersuchungsausschuss eingesetzt. (APA, 21.5.2017)