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Michel Barnier wird für die EU-Kommission die Brexit-Verhandlungen führen.

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Für die Europäische Union hat bei den Verhandlungen mit London über einen EU-Austritt die Wahrung der Aufenthaltsrechte von rund drei Millionen EU-Bürgern, die in Großbritannien leben und arbeiten, sowie von einer Million Briten, die in einem EU-Mitgliedsland ihren Lebensmittelpunkt haben, allererste Priorität. Das haben die Außenminister der Union am Montag bei einem Treffen in Brüssel in den Vordergrund gestellt.

Gemäß dem Auftrag der Staats- und Regierungschefs beim Brexit-Gipfel vor drei Wochen wurde das umfassende Mandat an den EU-Chefverhandler Michel Barnier nun auch formell beschlossen. Dieser kann damit theoretisch Verhandlungen mit der britischen Regierung sofort beginnen. Praktisch muss er noch die vorgezogenen Wahlen in Großbritannien am 8. Juni abwarten beziehungsweise die Bildung der neuen Regierung.

Sollte Premierministerin Theresa May im Amt bestätigt werden und die Tories die Wahl erwartungsgemäß gewinnen, könnte das rasch geschehen. Bei einem Machtwechsel wäre allerdings wieder alles offen. Die Kommission, für die Barnier arbeitet, geht von einem Start der Brexit-Gespräche am 19. Juni aus.

Finale während Österreichs EU-Vorsitz

Der Austritt aus der EU würde vertragsgemäß spätestens zwei Jahre nach dem formellen Antrag Ende März erfolgen. Die Verhandlungen stehen also unter großem Zeitdruck, müssen bis Herbst 2018 ins Finale kommen, wenn Österreich den EU-Vorsitz führt.

Barnier will die Rechte der EU-Bürger über den Brexit hinaus bereits innerhalb weniger Monate in trockenen Tüchern haben. In einer "zweiten Phase" der Scheidungsverhandlungen wird es dann um die Auflösung der Rechte und Pflichten der britischen Regierung in der Gemeinschaft gehen, inklusive der Finanzen. Nach ersten Berechnungen der Kommission könnten auf die Briten Zahlungsverpflichtungen von bis zu 100 Milliarden Euro zukommen, je nachdem, auf welche Art der Folgepartnerschaft und welche Programme man sich einigt.

Noch keine genauen Summen

Laut Barnier ist es völlig unseriös, schon heute dazu genaue Summen zu nennen. Über ein Freihandelsabkommen soll erst geredet werden, wenn die Bedingungen der "Brexit-Scheidung" geklärt sind. Außenminister Sebastian Kurz beharrte in Brüssel darauf, dass die Nettozahlerländer wie Österreich für Mehrkosten aus dem Brexit nicht aufkommen. (Thomas Mayer aus Brüssel, 22.5.2017)