"Kunst ist keine Anbiederung ans Gestern!" und "Mondparsifal läßt sich nicht kulturdressieren" gibt der deutsche Künstler in einem Manifest Einblicke hinter die Kulissen seiner Wagner-Neuinterpretation für die Wiener Festwochen. Es entstand anlässlich zweier Vortragsabende im Stadtkino und liegt dem STANDARD exklusiv vorab vor

Wien – Am 4. Juni feiert die Uraufführung von Mondparsifal Alpha 1-8 (Erzmutterz der Abwehrz) bei den Wiener Festwochen Premiere. Sie ist der vorläufige Höhepunkt einer Auseinandersetzung des Künstlers Jonathan Meese mit Richard Wagners Oper, die mit seinem Engagement für die Bayreuther Festspiele begann, vom Grünen Hügel dann jedoch abgeblasen wurde. Zusammen mit dem Komponisten Bernhard Lang zeigt Neo-Regisseur Meese nun eine noch viel weiter gehende Neuinterpretation des Stoffes.

Im Vorfeld dazu wird Filmemacher Alexander Kluge am 25. und 26. Mai im Wiener Stadtkino zum Thema einführen. Am Donnerstag spricht er mit Meese und Lang zu "Parsifal verlernen", aus welchem Grund der Maler und Bildhauer Meese ein Manifest verfasst hat, das dem STANDARD exklusiv vorab zur Verfügung gestellt wurde: 23 handschriftliche Seiten über Wagner, die Figur des Parsifal, Ideologien, Politik und die von Meese immer wieder propagierte "Diktatur der Kunst". Unter anderem heißt es darin:

  • "Kunst ist die ZUKUNFT, NUR KUNST IST CHEF"
  • "K.U.N.S.T. über Alles, über Alles in der Welt!"
  • "Kunst ist die Radikalstüberforderung"
  • "Etwas 'heilig' zu machen ist idelogischer MIST (...) etwas 'anzubeten' ist leider nur Angstmacherei"
  • "Respekt ist immer was Anderes, als stumpfe Anbiederung durch Verheiligung"
  • "Kunst ist der ewige Querschlag"
  • "Politiker haben keine Anliegen, Politiker wollen nur das Gestern... Kunst ist der Radikalststaat ohne Politik"
  • "alle Ideologien sind Dämonen und kommen weg"
  • "Meese hatte noch nie das Bedürfnis, Realität zu sein"
  • "Kunst ist RACHE an jeder Pupsideologie!"

Am Freitag schlägt Kluge mit einer Lesung Brücken zwischen Eschenbachs mittelalterlichem Versroman Parzival und seinem eigenen, 2015 erschienenen Buch Kongs große Stunde – Chronik des Zusammenhangs (Suhrkamp), die bis zu Donald Trump führen. Zudem zeigt das Stadtkino am Donnerstag täglich bis 31. Mai die beiden Kluge-Filme Die Wagner Renaissance von Speichersdorf sowie Parsifal verlernen, in denen er Szenen und Gespräche aus seinem Wagnerfundus – u. a. mit Christoph Schlingensief und Frank Castorf – zu diesem Anlass neu fügt. (wurm, tos, 22.5.2017)

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Alle bisherigen STANDARD-Artikel zu den diesjährigen Wiener Festwochen gibt's hier.

Links

Termindetails und Tickets zu den beiden Abenden im Stadtkino und den Filmvorführungen unter www.stadtkinowien.at, office@stadtkinowien.at und 01522481411.

Foto: Photography Jan Bauer/Courtesy Jonathan Meese
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Foto: Photography Jan Bauer/Courtesy Jonathan Meese
Foto: Photography Jan Bauer/Courtesy Jonathan Meese
Foto: Photography Jan Bauer/Courtesy Jonathan Meese
Foto: Photography Jan Bauer/Courtesy Jonathan Meese

Jonathan Meese spielt mit Symbolen und Gesten aus der Popkultur und Mythologie ebenso wie mit solchen aus dem Dritten Reich. Die Reduktion des Hitlergrußes auf die Muskelbewegung im Rahmen einer seiner Performances hat ihm vor wenigen Jahren eine Anzeige eingebracht – weil manche darin keine künstlerische Ideologie-Kritik sehen wollten. Das Gericht entschied für Meese.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Komponist Bernhard Lang ist ein versierter Vertreter der pointierte polyglotten Moderne. Er versteht es, mit einer speziellen Repetitionstechnik stilistische Individualität zu evozieren wie er auch mit avancierter Komponiermethodik Tradition und Moderne versöhnt.

Foto: APA/HANS KLAUS TECHT

Der 85-jährige Alexander Kluge ist promovierter Jurist, Filmemacher, Fernsehproduzent, Schriftsteller und einer der renommiertesten deutschen Intellektuellen.

Foto: Kirchgessner