In den passenden Kinderschuhen: Nicht der Fuß soll sich dem Schuh anpassen, sondern der Schuh dem Fuß, raten Kinderärzte.

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Rund 98 Prozent aller Babys kommen mit gesunden Füßen zur Welt. Auch wenn das Kind anfängt zu laufen, sind seine Füße noch normal. Von diesem Augenblick an geht es allerdings oft rapide abwärts. Bis zum Erwachsenenalter haben sich bereits bei rund 60 Prozent der Menschen Fuß- und Haltungsschäden eingestellt.

Das bedeutet: In mehr als der Hälfte aller Fälle werden die Füße im Kindesalter regelrecht verdorben. Sind die Schuhe zu kurz und sind ihre Sohlen steif, können sie den Bewegungen des Fußes nicht folgen. Es kommt zur Senkung der Fußmitte und zur Schiefstellung der Großzehe. Es entstehen Vorfußschäden bereits im Kleinkindesalter, so die deutsche Stiftung Kindergesundheit in einer Aussendung.

Tasten und Greifen

Babyfüße sind stark genug, um das Gewicht des Körpers zu tragen, sagt Berthold Koletzko. Er ist Kinder- und Jugendarzt und Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. "Für ihre gesunde Entwicklung sind Schuhe nicht erforderlich, eher im Gegenteil: Schuhe hindern die Füße am Tasten und Greifen. Dadurch bleiben dem Kind wichtige sensorische Reize und Empfindungen und damit zusätzliche Wahrnehmungsimpulse für sein Gehirn vorenthalten", so Kinderarzt Koletzko. Schuhe würde der Mensch nur zum Schutz gegen Kälte, Hitze und Verletzungen gebrauchen. Auch wenn Kinderschuhe unter der Bezeichnung "Lauflernschuhe" angeboten werden: Für die ersten Schritte brauche kein Kind Schuhe, betont die Stiftung Kindergesundheit.

Barfußlaufen empfohlen

Am besten beginnt das Kind auf eigenen Sohlen zu laufen – barfuß. Oder – zum Beispiel bei kalten Fußböden in der Wohnung – auf Socken oder in biegsamen Hausschuhen, die gegen das Rutschen mit Gumminoppen ausgerüstet sind. Ihr Vorteil: Die Füße bewegen sich freier und man erkennt leicht, ob die Socken passen. Koletzko: "Beim Barfuß laufen erschließt sich dem Kind eine neue Welt, besonders im Sommer. Es erlebt zum ersten Mal, wie sich Sand, Gras, Kies, warmer oder nasser Boden anfühlt. Es lernt, mit seinem Fuß die unterschiedliche Beschaffenheit des Untergrunds zu ertasten. Das Laufen über Unebenheiten kräftigt die Muskulatur, festigt das Knochengerüst, trainiert die Gleichgewichtsempfindung und macht damit den Gang sicherer".

Der am häufigsten erworbene Fußschaden ist der Spreizfuß. Er entsteht durch Einengung oder anhaltende Stauchung der Zehen in zu kleinen oder zu weiten Schuhen. Eine besondere Form dieses Fußfehlers sind die Schiefzehen, aber auch die Krallen- und Hammerzehen. Die Neigung dazu kann übrigens auch erblich sein: Spreizfuß und Schiefzehe kommen in bestimmten Familien häufiger vor als in anderen.

Während früher mehr Eltern versucht haben, ein Paar Kinderschuhe einzusparen, indem sie die Kinder eine Weile mit zu kleinen Schuhen herumlaufen ließen, versuchen viele Eltern heute eine Schuhgröße zu sparen, indem sie zu große Schuhe kaufen.

Tipps für den Kinderschuhkauf

Die Stifung Kindergesundheit hat eine Art Checkliste für Eltern zusammengestellt:

  • Schuhe müssen beim Kauf immer anprobiert werden.
  • Die Länge muss stimmen. Durch Drücken auf die Schuhspitze ("Daumenprobe") lässt sich das nicht genau feststellen. Man bastelt deshalb für den Kauf am besten einen Fußabdruck: Kinderfuß auf Pappe nachzeichnen und beim Ausschneiden etwa zwölf Millimeter Länge zugeben. Passt diese Attrappe in den Schuh, hat er die richtige Länge.
  • Das Kind sollte die Schuhe am Nachmittag probieren, wenn seine Füße durchs Laufen und Stehen etwas angeschwollen sind. Die Gefahr, zu kleine Schuhe zu erwischen, wird dadurch geringer.
  • Da die Kinderfüße oft in Schüben wachsen, sollte man alle zwei bis drei Monate überprüfen, ob die Schuhe noch passen. Im Alter von zwei bis vier Jahren wachsen Kinderfüße zwei bis drei Schuhlängen im Jahr. Bekommt ein Kleinkind nur einmal im Jahr neue Schuhe, trägt es die meiste Zeit zu kleine Schuhe.
  • Gegen die Weitergabe wenig getragener Kinderschuhe sei übrigens nichts einzuwenden, unterstreicht die Stiftung Kindergesundheit. Die "vererbten" Schuhe müssen jedoch lang genug sein und sollten nicht verformt oder einseitig abgelaufen sein.
  • Und: Kinder bis zehn Jahre können die Passform von Schuhen noch nicht selbst beurteilen. (red, 22.5.2017)