Wien – Die Wiener SPÖ hat sich am Montag erstmals seit dem Landesparteitag Ende April wieder in größerer Runde versammelt und vor allem die Taktik für den Nationalratswahlkampf besprochen. Dabei machte Wiens Bürgermeister Michael Häupl klar, dass sich seine ablehnende Haltung gegenüber einer möglichen SPÖ-FPÖ-Koalition im Bund nicht verändert hat. Häupl verwies auf einen einstimmigen und nach wie vor gültigen Bundesparteitagsbeschluss, der eine Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen ausschließt.
Wenn die Bundes-SPÖ das ändern wolle, "dann muss man halt die Mitglieder befragen", sagte Häupl. Sollte sich nach der Wahl rein rechnerisch nur eine Koalition mit der FPÖ ausgehen, ist Häupl eine Mitgliederbefragung jedenfalls "noch lieber" als ein neuer Bundesparteitagsbeschluss zu diesem Thema.
Die Aussagen sind insofern brisant, da die SPÖ derzeit einen Kriterienkatalog erarbeitet: In diesem sollen Voraussetzungen für künftige Koalitionspartner festgehalten werden. Für Häupl stellt dieser Katalog aber nur ein "Rezept für eine Handlungsanleitung" dar. Den geltenden Bundesparteitagsbeschluss zur FPÖ ersetzen würde dieser demnach nicht.
In der Bundespartei ist man bisher aber davon ausgegangen, dass nach einem Beschluss sehr wohl der neue Kriterienkatalog gilt: Abgesegnet werden dürfte er Anfang Juli vom Parteirat – dem nach dem Parteitag zweithöchsten Gremium der SPÖ. Ihm gehören rund 360 Funktionäre an.
Kanzler Kern führt Landesliste an
Die Wiener Roten konzentrieren sich derzeit laut Häupl aber ausschließlich darauf, einen Beitrag für einen Wahlerfolg der SPÖ zu leisten. Der parteiinterne Streit innerhalb der Wiener Landesorganisation würde dieses Ziel nicht gefährden. "Wir ziehen jetzt in eine Wahlauseinandersetzung, und das machen wir gemeinsam." Die Wiener Landesliste werde am 23. Juni erstellt, Kanzler und SPÖ-Bundesparteivorsitzender Christian Kern werde Wiener Spitzenkandidat.
Zu medialen Gerüchten, wonach Kern Nachfolger von Häupl als Bürgermeister werden könnte, sollte die SPÖ im Bund in Opposition gehen müssen, sagte Häupl: "Das ist wohl der größte Blödsinn, den ich jemals in meinem Leben gehört habe." Vermutlich sei die FPÖ für derartige Gerüchte verantwortlich: "Das passt zu ihrer Intelligenz."
Kriterienkatalog wird früher fertig
"Das Fundament steht", befand der Koordinator des SPÖ-Kriterienkataloges, der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser, nach der letzten Sitzung der Kriterien-Arbeitsgruppe. Das SPÖ-interne Gremium ist mit rund 15 Repräsentanten aus den Ländern, der Parteijugend, den Frauen, Pensionisten und Gewerkschaft besetzt. Im Kriterienkatalog könnte letztlich auch eine Tür für eine mögliche Zusammenarbeit mit der FPÖ aufgemacht werden.
Entscheiden wird letztlich – auf Grundlage des Kataloges – jede politische Ebene (Gemeinde, Länder, Bund) für sich, ob sie mit der FPÖ kooperieren will oder nicht. Kanzler Kern mahnt nun nach der Vorverlegung der Nationalratswahl auf den Oktober zur Eile. Es müsse rechtzeitig vor den Wahlen Klarheit geschaffen werden.
Aus dem Büro Kaiser hieß es am Montag, der Kriterienkatalog werde "mit Sicherheit" früher fertig werden als ursprünglich geplant. Im Juni werde eine weitere Sitzung anberaumt, hier würden die einzelnen Themen, die bereits feststehen (vom Bekenntnis zu Europa über die soziale Gleichstellung bis zur Bildung) präzisiert und verschriftlicht.
Es werde etwa darum gehen, wie konkret die Positionen gefasst werden, ob etwa sehr dezidiert die Forderung nach einer Vermögens- oder Erbschaftssteuer fixiert wird, oder ob es bei einer allgemeinen Forderung bleibe. Formuliert werden die Kriterien in einem kleinen Redaktionsteam (Peter Kaiser, Bundesparteileitung plus Experten). Das Positionspapier wird anschließend noch im Bundesparteivorstand beschlossen. (David Krutzler, Walter Müller, 22.5.2017)