Die ersten Großbohrpfähle – erkennbar an den Betonsockeln – stecken schon in der Erde. Anfang Juni wird es die ersten Tests geben.

Foto: Putschögl

Der Wiener Untergrund ist recht gut erforscht: Rund zehn Meter tief reicht der Donauschotter, danach kommt das sogenannte Miozän. Das gilt für 60 Prozent des Stadtgebiets: Neben ganz Transdanubien im Osten (Bezirke Floridsdorf und Donaustadt) ist das westlich der Donau auch entlang der Verläufe des Donaukanals und der Wienerwaldbäche so.

Weniger gut erforscht ist, wie sich der Wiener Boden unter bestimmten Belastungsbedingungen verhält. Das ist auch schwierig, denn "Boden ist kein homogener Baustoff", wie es Stefan Blovsky, Leiter des Erdbaulaboratoriums des Instituts für Geotechnik an der TU Wien, ausdrückt. Bei größeren Bauprojekten auf dem bzw. im Wiener Donauschotter – sowohl im Hochbau (etwa Wohnanlagen) als auch im Tiefbau (Straßen, Tunnel etc.) – waren deshalb schon bisher strenge Vorschriften zu befolgen, um etwa ein Absinken zu verhindern.

Diese Vorschriften wurden 2015 mit der Önorm B 1997-1-3:2015 noch verschärft. Die Norm regelt Entwurf, Berechnung und Bemessung von Pfahlgründungen; sie schreibt nun einerseits pauschal noch "massigere" Fundierungen vor als bisher. Die Norm sagt aber auch, dass In-situ-Versuche beweisen können, dass das "am jeweiligen Ort" nicht notwendig ist.

Pars pro toto

Man könnte als Bauherr nun also für jede Baustelle extra nachweisen, dass man mit weniger Beton im Erdreich auskommt als vorgeschrieben. Weil sich diese Tests einerseits für einzelne Bauträger aber kaum je auszahlen werden, andererseits die Stadt Wien künftig vermehrt in Floridsdorf und der Donaustadt als Bauherr, vor allem im Tiefbau (Stichwort Stadtstraße), auftreten wird, hat die Magistratsabteilung 29 (Brückenbau und Grundbau) vor wenigen Wochen gemeinsam mit Blovskys TU-Institut das "Forschungsprojekt Hausfeld" gestartet. Ziel ist es, Referenzwerte über Bodenwiderstände im Wiener Baugrund zu bekommen – um damit künftig Baumasse und den damit verbundenen CO2-Ausstoß so gering wie möglich halten zu können.

Seit Wochen schon werden nun auf einer kleinen Liegenschaft in der Donaustadt südlich von Hirschstetten Tests vorbereitet. Das Grundstück neben dem Bahndamm der ÖBB und unweit von der U2-Station Hausfeldstraße gehört der MA 28, "deshalb war relativ schnell klar, dass das hier gemacht wird", sagt Hermann Papouschek, Leiter der MA 29. Seine Abteilung hat gemeinsam mit dem Team der TU Wien zwei Prüffelder vorbereitet. Auf dem ersten werden Großbohrpfähle getestet, auf dem zweiten Mikropfähle. Erstere werden "nur" in die Erde gedrückt, Letztere auch auf Zug belastet.

600 Tonnen Belastung

Aktuell sind noch "leichte" Spezialtiefbauarbeiten im Gang; derzeit werden auf Prüffeld zwei Kleinbohrpfähle und Düsenstrahlsäulen hergestellt, erklärt Blovsky. Sobald der zehn Tonnen schwere Prüfträger da ist, kann es auf Prüffeld eins losgehen. Dann werden die Großbohrpfähle, die durch den Donauschotter hindurch sechs Meter ins Miozän getrieben, mit bis zu 600 Tonnen belastet werden. Jeder Pfahl wird mit einem Dutzend Sensoren ausgestattet, um jede kleinste Veränderung oder Verformung zu erfassen. Man bewegt sich dabei im Bereich von hundertstel Millimetern. "An der Messtechnik sollte man bei so etwas nicht sparen, das ist nämlich ein vergleichsweise geringer Kostenfaktor", erklärt Blovsky. Monatelang habe man getüftelt, wie man ein astreines Prüfergebnis schaffen könnte. Nun wird jeder Versuch fünf Mal wiederholt, um repräsentative Werte zu bekommen.

Durch die Tests werde in Zukunft weniger "massig" gebaut werden müssen, ist Papouschek überzeugt. Drei bis fünf Prozent an CO2-Emissionen würden sich dadurch bei größeren Bauvorhaben einsparen lassen. "Die Stadt macht das primär für sich selbst, für die städtischen Projekte", sagt Papouschek. Die Ergebnisse seien dann aber auch etwa für Bauträger verwertbar.

Die Gesamtkosten des Forschungsprojekts belaufen sich auf rund 3,5 Millionen Euro, die zunächst die Stadt Wien tragen wird. ÖBB und Asfinag hätten aber Interesse gezeigt, sich zu beteiligen. (Martin Putschögl, 26.5.2017)