Berlin – Deutschland und Frankreich wollen in der Steuer- und Wirtschaftspolitik gemeinsam Wege gehen und damit auch die Eurozone zusammenschweißen. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble vereinbarte am Montag mit seinen neuen französischen Kollege Bruno Le Maire bei dessen Antrittbesuch in Berlin die Einsetzung einer Arbeitsgruppe, die bis Juli Vorschläge für gemeinsame Projekte erarbeiten soll.

Dabei setzen sich die Partner ehrgeizige Ziele. Selbst ein gemeinsames Steuerrecht in beiden Ländern ist im Gespräch. Frankreich strebt nach den Worten Le Maires auch neue Institutionen in Europa an: eine gemeinsame Wirtschaftsregierung der Eurozone, einen gemeinsamen Finanzminister und einen Europäischen Währungsfonds.

Gemeinsames Grundverständnis

Schäuble sprach von einem "breiten, gemeinsamen Grundverständnis" zwischen der deutschen und der neuen französischen Regierung. Ganz zentral gehe es beiden um die Stärkung der Eurozone. "Wir haben die gemeinsame Überzeugung, dass Frankreich und Deutschland dazu eine besondere Führungsverantwortung haben", sagte der Minister. Wenn beide Länder verstärkt mit bilateralen Projekten vorangingen, wolle man damit Europa nicht spalten, sondern als Motor wirken.

Le Maire, der vor der Presse teilweise Deutsch sprach, kündigte an: "Wir haben viel zu tun, und wir werden es zusammen tun." In einer engeren Zusammenarbeit der beiden größten EU-Staaten liege eine große Chance für Europa und die beiden Länder. Er wolle mit Schäuble "eine neue Dynamik für die Eurozone" schaffen.

Die Arbeitsgruppe soll bis zum deutsch-französischen Ministerrat im Juli Vorschläge vorlegen, um bei der Integration der Eurozone voranzukommen. "Es geht nicht schnell genug voran", klagte Le Maire. So sei unter anderem eine Steuerharmonisierung und die Koordinierung der europäischen Wirtschaftspolitik nötig. Daneben wollen beide Länder gemeinsame konkrete Investitionsprojekte prüfen, um für Wachstum und Beschäftigung in der Eurozone zu sorgen. In der Steuerpolitik seien die gemeinsamen Ziele besonders ehrgeizig, erläuterte Schäuble. Es gehe hierbei im Kern um zwei Optionen: ein gemeinsames Unternehmenssteuerrecht von Deutschland und Frankreich und eine gemeinsame konsolidierte Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer. Aber auch andere Bereiche im Steuerwesen könnte man danach gemeinsam angehen, sagte Le Marie.

"Zum Erfolg verdammt"

Mit Blick auf Schäuble, der immer wieder die Einhaltung von Regeln in Europa anmahnt, sagte der französische Minister zu, Frankreich werde wie zugesagt sein Staatsdefizit reduzieren. Die Regierung werde daneben Strukturreformen auf den Weg bringen, darunter eine Vereinfachung des Arbeitsrechts. Durch Entlastungen bei den Sozialabgaben solle es Unternehmen erleichtern werden, Arbeitskräfte einzustellen. "Wir wollen die wirtschaftliche Lage Frankreichs verbessern", sagte er. "Wir sind zum Erfolg verdammt."

Die EU-Kommission forderte Frankreich in seinen länderspezifischen Empfehlungen dazu auf, seinen Verpflichtungen im Rahmen der Stabilitäts-Regelwerkes nachzukommen. Es müsse bei politischen Entscheidungen darum gehen, neben der Stärkung der Wirtschaftsentwicklung die Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen im Auge zu behalten. Auch Ausgabeneffizienz müsse ein Thema sein. Auch beim Bürokratieabbau und einem verbesserten Zugang von Job-Suchenden zum Arbeitsmarkt seien Verbesserungen nötig. (APA, 22.5.2017)