Am Montag starteten Markus Amon und ich noch bei gutem Wetter von unserem Basislager auf 5250 Metern, und stiegen durch den Khumbu-Eisbruch am Lager 1 vorbei bis in unser auf 6500 Metern gelegenes Lager 2. Eine starke Sonne und hohe Temperaturen versprachen eine Besteigung des Gipfels. Im Lager 2, wo es erstaunlich windstill war, konnten wir am Abend und auch während der Nacht den starken Wind in der Höhe hören. Ein tiefes Rauschen wie ein naher Gletscherbach, der uns die ganze Nacht begleitete.

Dienstagfrüh beobachtete ich die langen Windfahnen am Grat des
Everest und in den Gipfelbereichen des Lhotse und des Nuptse. Auch in der Lhotse-Flanke nahm ich die Windböen wahr, die den Schnee talwärts fegten. Der Aufstieg durch die Flanke gestaltete sich deshalb entsprechend mühsam. Waren die ersten Schritte noch windstill, so empfingen mich schon bei der Randspalte die ersten starken Windböen, mit entsprechend viel Schnee, der mir frontal ins Gesicht geblasen wurde. Viele Bergsteiger waren schon vor mir unterwegs, somit blies es mir neben dem windverfrachteten Schnee auch kleinere Eisbrocken ins Gesicht.

Gerüstet für den Aufstieg
Foto: Markus Amon

In Lager 3 wartete Markus schon auf mich. Leider mit der
schlechten Nachricht, dass es weder unser erhofftes Wetterfenster geben noch die Witterung für die nächsten Tage besser werden würde.

Den gesamten Nachmittag und die gesamte Nacht wehte uns der Sturm um die Ohren. Wir konnten hören, wie die Windböen um die Gipfel pfiffen. Meteorologen zufolge war an eine Besserung in den kommenden Tagen nicht zu denken. Ab dem Südsattel, wo unser letztes Lager geplant war, sollten uns Winde bis zu 60 km/h erwarten.

Obwohl viele andere Bergsteiger unterwegs waren – und wohl immer noch
sind –, war dies für uns ein eindeutiges Zeichen, dass der Wind zu stark für einen erfolgreichen und vor allem sicheren Gipfelgang ist.

Abbruch beim Lager 3
Foto: Markus Amon

Ein Gipfelgang am Mt. Everest ohne Flaschensauerstoff und ohne Unterstützung von Sherpas kann nur bei außerordentlich guten, eigentlich perfekten, Bedingungen glücken. Solche Bedingungen haben wir diesen Frühling nicht vorgefunden.

Es gab heuer viele erfolgreiche Gipfelbesteigungen, auch den einen oder
anderen ohne Flaschensauerstoff. Wir hatten dieses Glück leider nicht
auf unserer Seite. Deshalb war die Entscheidung auch rasch getroffen: Unsere Gesundheit geht vor, wir steigen ab und müssen somit, auch aus
Zeitgründen, unsere Expedition abbrechen.

Ein letztes Mal durch den Khumbu-Eisbruch.
Foto: Hannes Gröbner

Der letzte Abstieg gestaltete sich noch als letzter Kraftakt: Die
verschiedenen Lager mussten abgebaut und das gesamte Equipment wieder ins Tal gebracht werden. Somit haben wir den Berg von unserer Ausrüstung "gesäubert" und brauchen nicht nochmals aufsteigen, um die restliche Ausrüstung ins Tal zu tragen.

Zurück im Basislager
Foto: Hannes Gröbner

Zurück im Basislager bleibt die Wehmut, aber auch die Gewissheit, dass wir eine vernünftige Entscheidung getroffen haben. Denn unsere Gesundheit geht vor, und der Berg wird noch einige Zeit stehen, um von uns erobert zu werden. (Hannes Gröbner, 26.5.2017)