Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gegen die dritte Piste hat viel Staub aufgewirbelt. Die einen bejubeln es als eine grundsätzliche Abkehr vom Flugverkehr als CO2-intensivster Mobilitätsform und erste konsequente Weichenstellung Richtung Klimaschutz. Die anderen wollen uns glauben machen, dass die heimische Wirtschaft mit diesem Urteil nun regelrecht zusammenbrechen würde.

Keine dieser Lesarten ist richtig. Beide sind interessengetrieben. Wenn der aktuelle Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz, Günther Platter, de facto – unabgestimmt mit seinen Kollegen, wie sich herausgestellt hat – fordert, Gerichtsentscheidungen politisch außer Kraft setzen zu können, wenn sie ihm nicht zusagen, dann ist das nichts anderes als ein demokratiepolitischer Rückfall und ein Infragestellen der bewährten Gewaltentrennung und des Rechtsstaatsprinzips. Folgt man namhaften Juristen, ist das inkriminierte Urteil schlüssig und sauber – und genau das nicht, was vielfach unterstellt wurde, nämlich politisch. Es stellt die gesetzlich normierten Umweltinteressen über die ökonomischen Interessen des Flughafenprojekts.

Auch als Umweltschützer kann man der Meinung sein, es brauche eine dritte Piste. Ob ein Flughafenausbau notwendig ist, soll und darf keine ideologische Frage, sondern muss eine faktenbasierte sein. Klar ist, dass damit ein gewaltiger Verbrauch an Boden und ein exorbitanter Ausstoß von klimaschädlichem CO2 verbunden sind.

Zulasten des Naturschutzes

Klimaschutz kann, darf und wird jedoch nicht automatisch immer höher gewichtet werden können als andere Interessen, etwa jene der Biodiversitätserhaltung. Dies wäre beispielsweise ein Freibrief für jedes Wasserkraftwerk – zulasten des Naturschutzes und der Gewässerökologie. Eines der schlimmsten Beispiele, wo mit angeblichem Klimaschutzinteresse das legitime Erhaltungsinteresse ausgehebelt wurde, ist das Kraftwerk Schwarze Sulm, das eine Leistung wie eine bessere Klospülung haben wird, dabei aber eines der letzten vita len Gewässerökosysteme unseres Landes zerstört. Klimaschutz ist also nicht alles. Ohne Erhaltung der Natur und der Ökosystemdienstleistungen – sauberes Wasser, gute Luft, fruchtbarer Boden, gesunde Nahrung, artenreiche Landschaft – ist aber alles nichts!

Anlassgesetzgebung

Wenn jetzt SPÖ und ÖVP Wachstum und Beschäftigung in die Verfassung schreiben wollen, ist das Anlassgesetzgebung. Wird nun das Kind mit dem Bad ausgeschüttet? Natürlich kann man "Wirtschaftswachstum" als Ziel in die Verfassung schreiben, es ist nur nicht ganz gescheit. Milch und Honig fließen auch nicht gratis, nur weil es in der Verfassung steht. Nichts wächst ewig – kein Mensch und kein Baum. Die Wirtschaft braucht in Wahrheit etwas anderes als ein proklamiertes Verfassungsziel, nämlich einen Wandel des Wachstums hin zu einem dekarbonisierten, qualitativen Wachstum mit (in absehbarer Zeit) netto null Natur- und Ressourcenverbrauch. Ideen und Konzepte für ein solches Ziel sind gefragt, nicht Symbolpolitik und Populismus. Anders kann und wird es dauerhaft nicht gehen. (Franz Maier, 25.5.2017)