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Drei junge Sibirische Huskys beim Training. Spuren ihrer ältesten Vorfahren wurden auf der heute unbewohnten Schochow-Insel entdeckt.

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Einer der auf der Schochow-Insel ausgegrabenen Hundeschädel.

Foto: Elena Pawlowa

Washington/Wien – Hunde waren die ersten Lebewesen, die der Mensch domestizierte – noch vor jeder anderen Tier- und Pflanzenart. Wann und wo diese bis heute andauernde Beziehung ihren Ursprung nahm, ist eine der seit einigen Jahren besonders heiß diskutierten Fragen der Forschung.

Jüngste Studien, die archäologische und genetische Daten kombinierten, gehen davon aus, dass die Domestikation vor 15.000 Jahren begann, ihre Anfänge könnten aber noch viel weiter zurückreichen. Und als Ort der Handlung kommen das nördliche Europa und Zentralasien infrage.

Unbestritten ist, dass die Zähmung der Wölfe im Zusammenhang mit dem Ende der Eiszeit und dem Aussterben der Riesensäuger wie den Mammuts stand: Der Mensch musste fortan Jagd auf kleinere Tiere machen, und dabei waren ihm die domestizierten Wölfe eine treffliche Hilfe.

Wann und wo aber hat der Mensch erstmals Hunde systematisch gezüchtet? Die frühesten Hinweise darauf haben nun russische Forscher in einem der entlegeneren Landstriche dieses Planeten entdeckt: der nordostsibirischen Schochow-Insel, die etwa 600 Kilometer nördlich der Nordküste Sibiriens liegt.

Dieses kleine Eiland wurde erst 1914 von der russischen "Hydrografischen Expedition des Arktischen Ozeans" entdeckt. Doch die Forscher waren nicht die ersten Menschen, die diese Insel betraten: Man fand nämlich etwa 8000 Jahre alte Werkzeuge und andere menschliche Überreste.

Der Archäologe Wladimir Pitulko von der Russischen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg ist seit 1989 an den Ausgrabungen auf der Schochow-Insel beteiligt und hat bereits Knochen von Hunden oder Wölfen und die hölzernen Überreste von Schlitten gefunden. Nun gelang es ihm mit seinem Kollegen Aleksej Kasparow, konkrete Hinweise zu liefern, die einen Zusammenhang zwischen den beiden Funden herstellen, wie die Online-Ausgabe des Magazins "Science" vorab berichtet.

Die beiden russischen Forscher vergleichen die gefundenen Schädel mit denen von Wölfen und Sibirischen Huskys. Das Ergebnis, das im Juni im "Journal of Archaeological Science: Reports" veröffentlicht wird, ist recht eindeutig: Die Schädel gleichen denen von heutigen Huskys, die mit 20 bis 25 Kilogramm deutlich kleiner sind als Wölfe, aber groß genug, um Schlitten zu ziehen. Wolfsgroße Hunde würden hingegen überhitzen.

Die Wissenschafter fanden aber auch Überreste eines größeren Hunde-Wolf-Hybrids und vermuten, dass er für die Jagd auf Eisbären Verwendung fand. Die winterfesten Ureinwohner der Schochow-Insel gelten nämlich als die einzigen Menschen, die jemals ohne Feuerwaffen in großem Stil Eisbären bejagten. Nun wird dem ausgestorbenen Völkchen posthum also noch eine weitere Ehre zuteil: Die Inselbewohner könnten die ersten Menschen gewesen sein, die auf systematische Weise (Schlitten-)Hunde züchteten. (Klaus Taschwer, 27.5.2017)