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Vor 80 Jahren wurde die Golden Gate Bridge eröffnet. Die längste Hängebrücke ist sie nicht mehr, aber noch immer eine der schönsten.

Foto: AP / Eric Risberg

Es ist der Nebel, der berühmte, berüchtigte Nebel, mit etwas Glück ein fantastisches Fotomotiv. Wer einmal auf den Hügeln am Golden Gate stand und zusah, wie die rot schimmernde Brücke komplett in milchigen Schwaden verschwindet, bevor vielleicht irgendwann ein Pfeilerfragment daraus auftaucht, als ragte es aus den Wolken, der wird das Schauspiel so schnell nicht vergessen. Am Samstag wird die Golden Gate Bridge 80 Jahre alt, und es kann durchaus passieren, dass niemand sie in voller Schönheit zu Gesicht bekommt – sondern allenfalls in einem Meer aus Watte.

Die Brücke am Goldenen Tor, sie war mit 2737 Metern einmal die längste Hängebrücke der Welt. Bis sie 1964 von der Verrazano-Narrows Bridge in New York abgelöst wurde. Heute liegt sie nur noch auf dem neunten Platz der Rangliste. Die Schönste aber ist sie noch. Eine "Harfe aus Stahl", wie Lokalreporter schon am Tag ihrer Einweihung dichteten.

An durchschnittlichen Tagen, so viel zu den prosaischen Fakten, fahren rund vierzigtausend Autos über die Brücke. Wobei es am 17. Oktober 1989 viermal so viele waren, die Folge eines schweren Bebens. Die Erdstöße hatten die Bay Bridge von San Francisco nach Oakland beschädigt, ausgerechnet während eines Baseballspiels vor zehntausenden Zuschauern, während die Golden Gate Bridge heil blieb, sodass der Verkehr über sie umgeleitet wurde.

An ihrem 50. Geburtstag hatte die Brücke den bislang härtesten Test zu bestehen. Dreihunderttausend Feiernde liefen zugleich übers Golden Gate, und die Fahrtrasse, sonst leicht nach oben gebogen, drückte sich, aus der Ferne erkennbar, bedrohlich durch.

Maler ständig im Einsatz

Dann wäre da noch die Frage, wie oft die Pfeiler und Seile aus Stahl gestrichen werden müssen, um der korrodierenden Wirkung der feuchtkalten Nebelbänke standzuhalten. Manche glaubten, dies passiere alle sieben Jahre, greift die Brückenverwaltung einen weitverbreiteten Irrtum auf. Das sei genauso falsch wie die Annahme, dass man gleich von vorn beginne, sobald man einmal durch sei. In Wahrheit seien die Anstreicher ständig im Einsatz.

Apropos Farbe, das berühmte "International Orange", das ins Rötliche gehende Orange. Ursprünglich waren Schwarz oder Grau die Favoriten, dagegen aber protestierte die Kriegsmarine, die ihre Schiffe bei schlechter Sicht gegen Pfeiler prallen sah. Die Idee eines gelb-schwarz gewürfelten Musters wurde wieder verworfen. Dass die Wahl auf "International Orange" fiel, hatte mit dem Ausgangsmaterial zu tun. In orangeroten Tönen war der Stahl, zunächst nur vorgestrichen, aus den Hochöfen Pennsylvanias transportiert worden. Letzten Endes gefiel es den Bauherren so gut, dass sie es dabei beließen.

Schließlich ist die Riesenharfe auch ein Beispiel für den Sinn ambitionierter Großprojekte in einer Krise. Im Januar 1933, beim Spatenstich, steckten die USA in der Großen Depression. Am 27. Mai 1937 war das Tal noch nicht durchschritten, umso mehr trug das Wunderwerk dazu bei, den angekratzten amerikanischen Optimismus neu zu beflügeln.

Golden Gate, der Name geht auf den Offizier John Fremont zurück. Beim Anblick der Meerenge musste er ans Goldene Horn in Istanbul denken, weshalb er dessen westliches Pendant Goldenes Tor nannte. 1846 war das, gut 70 Jahre bevor Joseph Strauss für den Bau einer Brücke zu werben begann.

Strauss' erster Entwurf war so klobig, dass dieser durchfiel. Ihre Eleganz verdankt die Brücke zwei Fachleuten, die im Schatten des geltungssüchtigen Chefs standen: Leon Moisseiff und Charles Ellis. Während Strauss ein Denkmal bekam, wurde Ellis bei der Premierenparty nicht einmal erwähnt.

Der Fall lässt an eine Schlüsselepisode im Leben Donald Trumps denken. Als die Verrazano-Narrows Bridge eröffnet wurde, standen alle möglichen Amtsträger in der ersten Reihe, während der 85-jährige Chefingenieur, der aus der Schweiz stammende Othmar Ammann, keine Rolle spielte. Damals habe er sich geschworen, sich nie an den Rand drängen zu lassen, erzählte Trump Jahre später. "Wenn du zulässt, dass dich die Leute behandeln, wie sie wollen, machst du dich zum Narren." (Frank Hermann aus Washington, 27.5.2017)