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Wien – Der neue ÖVP-Chef Sebastian Kurz will Anfang September ein Programm mit seinen inhaltlichen Vorstellungen präsentieren. Die Schwerpunkte dürften auf den Themen Standort, Sozialsystem und Sicherheit liegen – diese nannte Kurz im APA-Gespräch am Samstag als Problembereiche.

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Abseits seiner Kernthemen als Außen- und Integrationsminister ist derzeit im Hinblick auf die vorgezogene Nationalratswahl am 15. Oktober wenig bekannt, was Kurz mit seiner "neuen Volkspartei" inhaltlich will. "Ich habe sehr klare Vorstellungen, in welche Richtung sich unser Land entwickeln soll", betonte Kurz. Zusätzliche Ideen und Eindrücke will er sich in der Bevölkerung und von Experten holen. Ab Mitte Juni werde er bei "Österreich-Gesprächen" seine Ideen diskutieren, Anfang September soll dann das Programm präsentiert werden.

"Wie ich politisch ticke"

Dass der Zeitpunkt etwas spät sein könnte, glaubt der designierte Parteichef nicht – er informiere rechtzeitig, "wie ich politisch ticke". Klar sei, "unser Stil ist ein sachlicher, und wir werden andere nicht anpatzen oder versuchen schlechtzumachen", versicherte Kurz. Außerdem wolle er weiterhin "Probleme nicht schönreden, sondern Wahrheiten aussprechen".

Mit seinem Programm könnten auch alte ÖVP-Positionen aufgebrochen werden, bejahte Kurz eine entsprechende Frage, ohne ins Detail zu gehen. In welche Richtung es thematisch geht, hat er sich schon überlegt: Handlungsbedarf sieht Kurz vor allem bei Wirtschaftsstandort, Sicherheit, Migration und Sozialsystem. "Wir investieren immer mehr, aber die Qualität steigt nicht", meinte Kurz über das Sozialsystem.

Gangbetten in Wien

In Wiener Spitälern erlebe man Gangbetten, auf wichtige Untersuchungen müsse man oft zu lange warten. Zudem seien zu viele Menschen armutsgefährdet. Auf die Aufregung in der SPÖ über eine Studie des ÖVP-geführten Finanzministeriums zu Auswirkungen einer Einführung des deutschen Hartz-IV-Modells in Österreich will Kurz nicht eingehen: "Niemand kennt noch mein Programm, es wird erst im September präsentiert."

Als Handlungsfelder im Sozialbereich nennt er die Pflegefinanzierung, die "Zuwanderung ins Sozialsystem" (Mindestsicherungsbezieher in Wien) und Frühförderung in der Bildung (etwa mit zweitem Pflichtkindergartenjahr), weil das System möglichst viele gut ausgebildete Einzahler brauche.

Hohe Steuerquote

Wenig überraschend sind auch die Problemfelder, die Kurz in der Wirtschaft ausmacht: Die hohe Steuer- und Abgabenquote von 43,4 Prozent und die "unfassbare Regulierungsdichte" des Staates sind ihm ein Dorn im Auge. "Der Standort Österreich fällt immer weiter zurück", meint Kurz, beim Wirtschaftswachstum liege Österreich in Europa nur mehr auf Platz 22.

Das "Hauptproblem" sei, dass man ein System geschaffen habe, das der Bevölkerung immer mehr Geld aus der Tasche ziehe, das die Politik beziehungsweise der Staat dann in einem bürokratischen System mittels Förderungen wieder zurückgebe.

"Migrationskrise" nicht gelöst

Dritter Schwerpunkt sind Migration und Sicherheit. "Viele behaupten, die Migrationskrise ist gelöst. Das stimmt einfach nicht", sagt Kurz. Man müsse illegale "Migrationsströme stoppen" und die "Hilfe vor Ort" ausbauen – "alles andere gefährdet die Systeme und die Ordnung im Land". Außerdem müsse man den "politischen Islamismus" bekämpfen, denn diese Ideologie könne man nicht tolerieren.

Aufmerksam verfolgt wird Kurz' Tun auch in der Schweiz. Der Chef der Schweizer Christdemokraten (CVP), Gerhard Pfister, sagte der "Neuen Zürcher Zeitung", er verfolge das Reformexperiment von Kurz "mit großem Interesse". Von der ÖVP könne die CVP lernen, "dass wir mehr von Bern aus führen und gestalten müssen. Ich versuche dies, indem ich die Wahlkämpfe in den Kantonen enger begleite." (APA, red, 28.5.207)