Im Februar gab der einstige finnische Branchenriese Nokia sein Comeback in den Smartphonemarkt am Mobile World Congress bekannt. Mit dem Nokia 3, 5 und 6 hatte man gleich drei Android-Geräte im Gepäck. Einen guten Teil des Rampenlichts stahl sich allerdings das "one more thing" am Ende der Präsentation: die Rückkehr des Nokia 3310.

Bis heute haftet dem im Jahr 2000 erschienenen, klassischen Handy der Ruf an, praktisch unverwüstlich zu sein. Geschwärmt wird auch von der langen Akkulaufzeit, die weit über jener unserer modernen Touchscreenhandys liegt. Nun ist die modernisierte Neuauflage in ersten Märkten gestartet. Dem Hype folgt nun eine gewisse Ernüchterung.

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Nach dem Hype

Nachzulesen ist diese etwa in der Rezension von Engadget. Anfang des Jahrtausends wären die Spezifikationen des neuen Nokia 3310 ein "Traum" gewesen. Das Handy bringt ein 2,4-Zoll-Farbdisplay (320 x 240 Pixel) mit und verfügt über eine 2-Megapixel-Kamera inklusive Blitz.

Allerdings ist der Bildschirm unter Sonnenlicht kaum abzulesen. Und selbst unter optimalen Lichtbedingungen liefert die Kamera maximal Schnappschüsse von bescheidener Qualität. Das sei insgesamt "besser als nichts" und somit auch das, was man einst mit dem Original bereits bekommen hat. Ähnliches wird auch im Test von Heise festgestellt.

Mühselige Umwege

Man muss den Minimalismus schon wollen, wenn man mit der Wiedergeburt des 3310 den Alltag bestreiten mag, legen die Testberichte nah. Selbst grundsätzliche Dinge sind mit der limitierten technischen Ausstattung mitunter komplizierter, als auf einem Smartphone.

Das Handy speichert Kontakte auf der SIM-Karte, Kontakte von Google oder anderen Diensten können nicht einfach so importiert werden. Will man Musik hören, muss man die gewünschte Playlist auf eine microSD-Karte kopieren. Jegliche Streaming-Lösung ist nämlich ausgeschlossen, da das Gerät weder über WLAN, noch eine 3G-Anbindung mit voller Bandbreite verfügt. Und freilich gibt es auch keine vorinstallierten Apps, die auf Spotify und Co zugreifen könnten.

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Das neue Nokia 3310 ist seit kurzem in den ersten Märkten verfügbar.
Foto: Reuters

Rückkehr ins SMS-Zeitalter

Grundsätzlicher Social Media-Bedarf per Facebook lässt sich dank des integrierten Clients immerhin abdecken. Moderne Messenger wie Whatsapp findet man jedoch nicht. Für textbasierte Kommunikation muss man den Schritt zurück ins SMS-Zeitalter gehen. Wie viele Freunde bereit sind, da mitzumachen, steht freilich auf einem anderen Blatt.

An Bord ist ein Browser, der die Suche nach Informationen im Internet erlaubt. Die Darstellung vieler Webseiten ist auf dem kleinen Bildschirm jedoch unübersichtlich, die Ladezeiten mitunter frustrierend. Portale wie Youtube werden gar nicht erst unterstützt, Videos müsste man zuerst selber herunterladen, in das kompatible 3GP-Format konvertieren und anschließend auf die Speicherkarte legen.

Zweitgerät statt Alltagsbegleiter

Die Vorteile der technischen Enthaltsamkeit sollten freilich nicht unerwähnt bleiben. Neben der bereits erwähnten, besseren Akkulaufzeit (versprochen wird ein Standby von 31 Tagen) muss man auch weniger um das Telefon bangen, sollte man es fallen lassen. Einerseits kostet es deutlich weniger als die meisten Smartphones und andererseits ist das Kunststoffgehäuse resilienter, als die allgegenwärtigen Konstruktionen aus Aluminium und Glas. Und dann gibt es auch noch physische Tasten in Kombination mit einer erstaunlich guten Textvoraussage.

Was vor 17 Jahren als Wunderwerk des Mobilfunks gegolten hätte, ist heute aber schlicht veraltet. Das Handy ist für den digitalen Alltag nicht ausreichend gerüstet, realistisch erscheint eine Verwendung als Zweitgerät für Festivals oder auf anderen Reisen, auf die man das Smartphone nicht mitnehmen möchte.

Meisterstück der Markenkommunikation

Doch möglicherweise geht es Nokia und dem eigentlich hauptverantwortlichen Partnerunternehmen HMD Global gar nicht primär um hohe Absatzzahlen. Das neue Nokia 3310 setzt vor allem auf den Nostalgiefaktor und wäre ohne seinem beinahe kultisch verehrten Vorbild aus dem Jahr 2000 nur eines von vielen unspektakulären Featurephones, deren Kundschaft vorrangig in Schwellenländern lebt. Und preislich liegt es mit 60 Euro sogar deutlich über anderen Handys mit vergleichbarer Ausstattung.

The Tech Chap

Dank seiner "Vorgeschichte" hat es allerdings für hohes Interesse gesorgt und den Konsumenten die Marke Nokia, die in den letzten Jahren vor allem mit turbulenten Entwicklungen rund um Microsofts erfolglose Windows Phone-Plattform aufgefallen ist, wieder mit positiver Konnotation ins Gedächtnis gerufen. Das Handy mag "zu wenig für 2017" sein, darf aber dafür als Meisterstück der Markenkommunikation angesehen werden.

Warten in Österreich

Den Hype um das Gerät wollen sich freilich auch Mobilfunker und Händler zunutze machen. A1 hatte es etwa für sein Sortiment angekündigt. Interessenten müssen sich hierzulande aber noch gedulden. Diverse heimische Anbieter haben das Nokia 3310 laut Geizhals-Übersicht zwar in den eigenen Katalog aufgenommen, bieten aber aktuell nur eine Vorbestellung an. (gpi, 28.05.2017)