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Peter Pilz wirft Norbert Darabos vor, auf 312 Millionen Euro verzichtet zu haben.

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Verteidigungsminister Doskozil: "Ein derartiges Rechtsgeschäft, wie es rund um den Eurofighter geschehen ist, darf nie mehr geschehen."

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Wien – Schluss mit Gegengeschäften und Lobbyisten, dafür soll vor militärischen Beschaffungsvorgängen jeder einzelne Kontakt mit einem Anbieter binnen 24 Stunden einer internen Dokumentationsstelle gemeldet werden: Vor den Befragungen im U-Ausschuss rund um die Eurofighter legte Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) am Montag gemeinsam mit Generalstabschef Othmar Commenda und dem Leiter der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, sein neues Antikorruptionspaket vor, denn: "Ein derartiges Rechtsgeschäft, wie es rund um den Eurofighter geschehen ist, darf nie mehr passieren", wie Doskozil sagte.

Per Erlass will er bis Jahresende die neuen Compliance-Regeln einführen. Denn Gegengeschäfte als "Einfallstor für Korruption und Bestechung" soll es künftig nicht mehr geben, erklärte der Minister. Dazu soll der Einfluss von Lobbyisten und sonstigen Berater- und Interessennetzwerken unmöglich gemacht werden.

Für die neuen Verträge wird es Standards auf internationalem Niveau geben, Beschaffungsabläufe werden an die Bedürfnisse der Truppe gekoppelt. Die Wertschöpfung soll – im gesetzlichen Rahmen – so weit wie möglich in Österreich generiert werden.

Gemäß Peschorn soll es für die Verträge zwingende und nicht verhandelbare "terms of good conduct" geben, auch er pochte darauf, dass es unlautere Verhaltensweisen und Einflussnahmen auf Vergabeentscheidungen nicht mehr geben dürfe. Sanktionen sollen von Vertragsstrafen bis zum Ausschluss aus dem Vergabeverfahren führen.

Klare Regeln statt Gespräche im Dunkeln

Dass das strengere Regime teurer für die Republik werden könnte, schloss Peschorn aus. Denn: "Klare Regeln sind für den Markt immer gut und günstig. Unklare Regeln führen zu Wettbewerb im Dunkeln." Er deutete an, in anderen Ressorts nicht auf dermaßen offene Türen für solche Regeln gestoßen zu sein. Österreich nehme hier nun – auch in der Umsetzung von EU-Recht – eine Vorreiterrolle ein.

Doskozil gab sich zuversichtlich, das Erlass- beziehungsweise Weisungspaket noch vor Antritt einer neuen Regierung im Herbst implementieren zu können. Dass es wieder zurückgenommen werden könnte, glaubt er nicht: "Niemand, egal wer hier sitzt, wird sich erlauben, dies zu revidieren." Noch ohne die neue Regeln muss das bereits ausgeschriebene Upgrade der Black-Hawk-Hubschrauber auskommen. Allerdings gebe es Anbieter, die keine Gegengeschäfte vorgeschlagen hätten, verriet Doskozil. Das Ergebnis werde man in einigen Wochen bekanntgeben.

Start mit Darabos-Vergleich

Erstes Thema im Eurofighter-U-Ausschuss wird ab Mittwoch der Vergleich von Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) mit dem Jethersteller aus dem Jahr 2007 sein. Wie berichtet handelte der heutige burgenländische Soziallandesrat damals eine Reduktion der Stückzahl von 18 auf 15 aus, gab sich mit sechs gebrauchten Fliegern zufrieden, verzichtete auf die Umrüstung auf die modernere Tranche 2 und auch auf ein Nachtflug- sowie Feinderkennungssystem.

Der Preis, den die Republik zu zahlen hatte, sank dadurch um 250 Millionen. Die Einsparungen hätten aber um 312 Millionen Euro höher ausfallen müssen, rechnete Pilz am Montag vor.

"Vier Geschenke"

Seine Kalkulation: Wegen der nicht erfolgten Umrüstung auf Tranche 2 habe Darabos auf 180 Millionen Euro verzichtet, die Lieferung von sechs gebrauchten Fliegern sei mit 60 Millionen zu bewerten. Zudem habe Darabos ohne Not eine Abbestellungspönale von Eurofighter akzeptiert und selbst auf Pönalezahlungen wegen Lieferverzugs verzichtet (62,1 Millionen). Und schließlich hätte Eurofighter statt der Republik die Vertragsgebühren für den Vergleich zahlen müssen (zehn Millionen).

All diese Zugeständnisse Darabos' hat auch der Rechnungshof in der Vergangenheit kritisiert – wenn auch ohne so genaue Berechnungen. Pilz will nun geklärt wissen, warum Darabos Eurofighter diese "vier Geschenke" gemacht hat. Für ihn steht fest: "Entweder wurde er über den Tisch gezogen oder über den Tisch gestoßen." Er neige zur zweiten These, gehe also davon aus, dass Darabos auf "politischen Befehl" gehandelt habe. Pilz geht auch mehr oder weniger fix davon aus, dass man eine Sachverhaltsdarstellung gegen den Ex-Minister bei der Staatsanwaltschaft einbringen werde. "Sie ist so gut wie fertig."

Neos wollen Bevölkerung in Aufklärung einbeziehen

Begleitende Maßnahmen zum Eurofighter-Untersuchungsausschuss haben sich die Neos überlegt: In der kommenden Woche soll im Nationalrat ein Antikorruptionspaket eingebracht werden, kündigte der Abgeordnete Michael Bernhard am Montag an. Zudem will er via Facebook Fragen der Bevölkerung sammeln, die in weiterer Folge auch im Ausschuss behandelt werden sollen. Über die Plattform "Neosleaks" soll Bürgern, die über Dokumente oder Daten zu der Causa verfügen, die Möglichkeit gegeben werden, diese anonym zur Verfügung zu stellen. Die Neos bringen diese Dokumente in weiterer Folge in den U-Ausschuss ein.

Das von den Neos geplante Antikorruptionspaket soll drei Punkte beinhalten. Bernhard spricht sich für eine weisungsfreie Staatsanwaltschaft aus sowie für eine Mindeststrafe bei Bestechungsvergehen von einem halben Jahr. Weiters soll die Korruptionsstaatsanwaltschaft mit mehr Mitteln ausgestattet werden. Ende Juni findet noch ein letzter Justizausschuss vor der Auflösung des Parlaments statt, in dem das Paket behandelt werden soll. Falls es hier zu keiner Einigung komme, wisse man zumindest, welche Parlamentsfraktionen sich für schärfere Antikorruptionsbestimmungen einsetze, sagt Bernhard. (Nina Weißensteiner, Günther Oswald, Alexandra Unsinn, 29.5.2017)