Salzburg – Von den rund 150.000 Salzburgern und Salzburgerinnen seien rund 73 Prozent österreichische Staatsbürger, "etwas mehr als ein Viertel ist zugezogen", sagt die Abteilungsvorständin für Kultur und Bildung im Salzburger Magistrat, Ingrid Tröger-Gordon. Was viel klingt, ist es eigentlich nicht: Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren rund 66.000 Flüchtlinge in Salzburg, die Stadt hatte 80.000 Einwohner.

Auch die Arbeitsmigration sei kein neuzeitliches Phänomen, sagt Tröger-Gordon. Sein heutiges Aussehen verdanke die Stadt Salzburg "zu einem Gutteil italienischen Baumeistern und Architekten im Barock". Egal ob Flucht, Verfolgung, Vertreibung, Arbeitsmigration: "Migration war und ist kein Ausnahmefall, sondern der Normallfall", sagt Tröger-Gordon.

Bürgerbücher ab 1441

Gemeinsam mit der Universität Salzburg beginnt die Stadt nun, ihre Migrationsgeschichte wissenschaftlich aufzuarbeiten. Die beiden Einrichtungen haben ein gemeinsames Migrationsarchiv gegründet. In diesem sind historische Unterlagen wie beispielsweise die Bürgerbücher zu finden. Die Reihe der Bürgerbücher setzt 1441 ein und reicht bis ins 19. Jahrhundert.

Sie verzeichnen nicht nur die Namen der neu aufgenommenen Bürger, sondern auch Beruf, Herkunft und die zu entrichtende Aufnahmetaxe. Aktuell wird das Migrationsarchiv mit Interviews, Lebensläufen und Dokumenten heute in Salzburg lebender Migranten ergänzt. Zum Start haben die Historiker 50 Personen aufgelistet. Dabei handelt es sich schwerpunktmäßig um die Geschichte von Arbeitsmigranten aus dem ehemaligen Jugoslawien oder der Türkei.

Auswandererbriefe

Dabei wird es freilich nicht bleiben. Die Migrationsforscherin, Historikerin und Vizerektorin der Uni Salzburg, Sylvia Hahn, etwa plant einen eigenen Forschungsschwerpunkt bezüglich Migration aus afrikanischen Ländern nach Salzburg. Mit im Forschungsbereich ist aber auch die Binnenmigration wie der starke Zuzug von Oberösterreich nach Salzburg.

Die größte Migrantengruppe stellen übrigens die Deutschen. Das Problem hier: Viele Ex-DDR-Bürger würden ihre Biografien nicht preisgeben. Ergänzt wird das Migrationsarchiv auch durch die Geschichten von Auswanderern aus Salzburg. Hier beginnen die Historiker soeben Auswandererbriefe und Tagebücher zu sammeln und sichten.

Teile des Migrationsarchivs sind im Internet frei verfügbar. Viele Dokumente bleiben zu Forschungszwecken nur im Stadtarchiv Salzburg selbst zur Einsichtnahme zugänglich. (Thomas Neuhold, 30.5.2017)