Tomsk – Es ist nur ein wenige Millimeter kleiner Zahn, den russische Forscher in der Region Krasnojarsk in Zentralsibirien entdeckt haben. Aber der reichte aus, um ein bislang unbekanntes Säugetier aus der frühen Kreidezeit zu identifizieren. Die Spezies, die im "Journal of Vertebrate Paleontology" vorgestellt wurde, erhielt die Bezeichnung Baidabatyr, übersetzt etwa "Kajak-Held", weil die Fundstelle an einem Fluss in der Taiga nur per Kajak erreichbar ist.

Laut Stepan Iwanzow von der Universität Tomsk weist der etwa 145 Millionen Jahre alte Zahn darauf hin, dass das ungefähr hamstergroße Tier ein Pflanzenfresser war und sich vermutlich von Samen ernährte. Bei oberflächlicher Betrachtung hätte es vermutlich einem heutigen Nagetier geähnelt – tatsächlich gehörte es jedoch zu einer ganz anderen Gruppe.

Respektable Verwandtschaft

Die Tuberkel genannten Höcker auf dem Zahn weisen auf eine Zugehörigkeit zu den Multituberculata hin: Diese sehr alte Säugetiergruppe zählte nach heutigem Wissensstand weder zu den Beutel- noch zu den Plazentatieren und auch nicht zu den urtümlichen Kloakentieren wie dem Ameisenigel. Es dürfte sich um eine ganz eigenständige Entwicklungslinie innerhalb der Säugetiere gehandelt haben, die lange Zeit parallel zu den drei heute noch lebenden existierte.

Die Multituberculata sind ausgestorben, ohne Nachkommen zu hinterlassen. Dennoch kann man nicht wirklich von einem gescheiterten Experiment der Evolution sprechen: Sie entwickelten sich bereits im Jura, der ersten großen Blütezeit der großen Dinosaurier – anders als diese überlebten sie aber den Asteroideneinschlag am Ende der Kreidezeit und existierten bis weit in die Erdneuzeit hinein.

Sie starben erst vor etwa 35 Millionen Jahren aus, möglicherweise sogar noch später. Das ergibt eine Zeitspanne von an die 150 Millionen Jahren und macht die Multituberculata damit zur "längstdienenden" Säugetiergruppe von allen. (jdo, 5. 6. 2017)