Demonstrant in Caracas.

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Demonstranten vor der Goldman-Sachs-Zentrale in New York

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Caracas/New York – Die venezolanische Opposition kritisiert die US-Investmentbank Goldman Sachs für den Aufkauf von Anleihen des staatlichen Ölkonzerns PDVSA. "Auch wenn sie sich noch so anstrengen, Goldman Sachs und seine Führungskräfte können diesen Deal nicht schönfärben. Für die Venezolaner ist er unmoralisch", schrieb Parlamentspräsident Julio Borges am Dienstag in einem offenen Brief.

Die US-Investmentbank hat Medienberichten zufolge zuletzt PDVSA-Anleihen über einen Nennwert von 2,8 Milliarden Dollar um rund 865 Millionen Dollar erworben, also Anleihen im Wert von einem US-Dollar für 31 Cent. Damit griff die Bank der Regierung des sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro finanziell unter die Arme, die politisch und wirtschaftlich unter erheblichem Druck steht. Werden die Anleihen bei Fälligkeit 2022 bedient, würde Goldman Sachs eine jährliche Rendite von knapp 43 Prozent einstreichen.

Borges: Goldman Sachs ist Komplize des Regimes

Seit zwei Monaten gehen fast täglich Demonstranten gegen die Regierung auf die Straße. Bisher kamen bei Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften, Oppositionellen und Regierungsanhängern 60 Menschen ums Leben, mehr als 1.000 wurden verletzt.

Die Opposition wirft Goldman Sachs vor, mit dem Anleihenkauf die Unterdrückung von Demonstranten mitzufinanzieren und am Leid der Venezolaner zu verdienen. "Goldman Sachs ist jetzt ein Komplize bei der Unterdrückung und den Menschenrechtsverletzungen in unserem Land", schrieb Parlamentspräsident Borges. "Ich bezweifle ernsthaft, dass die Manager von Goldman Sachs das Elend begreifen, in dem die Venezolaner Tag für Tag leben und das sie nun aktiv finanzieren." Eine "zukünftige demokratische Regierung" werde die Schuldscheine jedenfalls nicht anerkennen.

Opposition fordert Überprüfung in USA

Goldman Sachs erklärte, man habe die Schuldscheine nicht direkt beim venezolanischen Staat, sondern über einen Broker auf dem Sekundärmarkt gekauft. "Wie viele andere Investoren glauben wir, dass sich die Lage langfristig verbessern muss", zitierte der US-Sender CNBC aus einer Stellungnahme. "Wir erkennen an, dass die Situation komplex ist und Venezuela sich in einer Krise befindet", hieß es in dem Schreiben. "Wir stimmen zu, dass das Leben sich dort verbessern muss. Wir haben die Investition zum Teil auch deshalb gemacht, weil wir daran glauben, dass das der Fall sein wird."

Die Nationalversammlung forderte den US-Kongress auf, den umstrittenen Anleihenkauf zu untersuchen. Eine Sonderkommission soll zudem die Rolle des Chefs der venezolanischen Zentralbank bei dem Deal überprüfen, berichtete die Zeitung "El Nacional". Vor dem Sitz von Goldman Sachs in New York protestierten am Dienstag Exilvenezolaner gegen das Geschäft. (red, APA, dpa, 31.5.2017)