Sie werden auf offener Straße verschleppt, misshandelt, eingesperrt, isoliert, ohne jede gesetzliche Grundlage. Wie viele genau, weiß niemand seriös einzuschätzen. Denn bisher galt es als offenes Geheimnis, dass im Ukraine-Krieg beide Seiten – der ukrainische Geheimdienst SBU einerseits und die Führung der prorussischen Rebellenentitäten Donezk und Luhansk andererseits – massenhaft Menschen "verschwinden" lassen.

Zumindest die prowestliche Kiewer Führung scheint nun gewillt zu sein, ein wenig Licht in eines der dunkelsten Kapitel des Kriegs in dem osteuropäischen Land zu bringen. Die Regierung hat dem Parlament einen Gesetzesentwurf zugespielt, der die "faktisch existierenden Haftanstalten" des Geheimdiensts SBU "auf gesetzlicher Ebene" regeln soll.

Wurde die Existenz von Geheimgefängnissen bisher stets geleugnet, bemüht sich die Regierung nun augenscheinlich um mehr Transparenz. Erst vor einem Jahr machten die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Human Rights Watch auf das Schicksal von neun Geiseln aufmerksam, sorgfältig belegt verfehlten die Berichte im Westen ihre Wirkung nicht.

Amnesty International Österreich

Menschliches Tauschgut

Den Interventionen durch Kiews Verbündete sei es zu verdanken, dass sich die Regierung nun zu dem ungewöhnlichen Schritt entschlossen hat, zitiert die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" den ukrainischen Aktivisten Boris Sacharow von der Helsinki-Union für Menschenrechte. Freilich brauche es nun auch die Bereitschaft der Rebellen, ihrerseits Licht ins Dunkel zu bringen. Denn während der SBU einige Dutzend Geiseln gefangen halte, geht Sacharow bei der Gegenseite von "tausenden" Inhaftierten aus, die als menschliches Tauschgut missbraucht würden. (flon, 31.5.2017)