Wien – Derzeit scheint es fast so, als würde Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele recht behalten. Der deutsche Währungshüter hatte die Onlinewährung Bitcoin als "Spekulationsobjekt" bezeichnet. Tatsächlich standen in jüngster Zeit regelrechte Kurskapriolen auf der Tagesordnung: Nach steilen Anstiegen seit März erreichte der Kurs vergangenen Donnerstag im Handelsverlauf kurzfristig das bisherige Kurshoch von 2.760 Dollar, am Samstag lag das Tagestief bei 1.877 Dollar – das entspricht einem Minus von 32 Prozent binnen zweier Tage. Seitdem hat sich der Kursverlauf der Onlinewährung im Bereich von 2.200 Dollar aber wieder stabilisiert.

Ist die von einigen Experten befürchtete Blase damit geplatzt? Das könne man erst einen Monat nach Erreichen des Hochs beurteilen, sagt Aaron Lasher. Er ist bekennender Bitcoin-Fan und bietet über seine Firma Breadwallet die Möglichkeit, elektronische Geldbörsen für Onlinewährungen einzurichten. Seiner Ansicht nach ist die Entwicklung des Bitcoin-Kurses eine Abfolge von "Miniblasen" und darauffolgenden Crashs. Derzeit baut sich laut Lasher wieder eine Bubble auf – allerdings sollte diese Phase gemäß vergangener Kursmuster noch andauern.

Bereits 2011 und Anfang und Ende 2013 hätten sich Bitcoin-Blasen gebildet, bevor der Kurs wieder abgesackt sei. Während der Manie sei es jeweils zu einer Verzehnfachung des Werts der Onlinewährung gekommen. Demzufolge sollte sich die jüngste Aufwärtsphase bis an die Marke von 10.000 Dollar fortsetzen, bevor Lasher einen Rücksetzer in den niedrigen Tausenderbereich erwartet – ein neuer Zyklus beginnt.

Wie lange dieses Muster sich noch wiederholen wird? "Es gibt ein gutes Argument, dass wir noch in einer frühen Phase sind", erklärt der Bitcoin-Experte in seinem Blog auf der Breadwallet-Homepage. "Die mögliche Nutzerbasis beträgt fast sieben Milliarden Menschen, es gibt derzeit aber erst geschätzte 20 Millionen, die Bitcoins besitzen."

Ethereum und Ripple

Im Schatten des Bitcoin-Booms haben auch andere Onlinewährungen deutlich zugelegt. Laut Coinmarketcap gibt es mehr als 700 dieser Kryptowährungen, wie Bitcoin und Co auch bezeichnet werden, mit einem Gesamtwert von 79 Milliarden Dollar. Zu Jahresbeginn war der Betrag freilich noch bei 18 Milliarden gelegen. Mit derzeit 36 Milliarden Dollar entfällt der Löwenanteil auf Bitcoin, aber auch Ethereum und Ripple spielen eine wichtige Rolle. Letztere haben ihren Wert in Dollar von Jahresbeginn bis Mitte Mai – angetrieben durch ein Pilotprojekt mit 47 Banken in Japan – auf das 64-Fache gesteigert, bevor ein Absturz um fast die Hälfte erfolgte.

Offenbar zeigt sich auch bei anderen Onlinewährungen ein ähnliches Muster aufeinanderfolgender Blasen wie bei Bitcoin. Wie interessierte Anleger damit umgehen sollen, erklärt Experte Lasher in einigen Punkten:

· Geduld beweisen: "Große Veränderungen passieren in dieser Welt nicht über Nacht", meint er. Die Entwicklung von Bitcoin werde Dekaden dauern, Geduld ist laut Lasher der Schlüssel, um an diesem steten Aufstieg teilzuhaben.

· Herdentrieb unterdrücken: In Aufwärtsphasen würden viele "Newcomer" in den Markt drängen, die um fast jeden Preis auf den fahrenden Zug aufspringen wollen. Aus Angst, etwas zu versäumen, kaufen diese Anleger laut Lasher oft zu einem ungünstigen Preis.

· Ruhe bewahren: Der Experte empfiehlt grundsätzlich eine Buy-and-Hold-Strategie, um von der langfristigen Wertentwicklung zu profitieren. Auch in Crashphasen rät er, die Nerven zu behalten und nicht auszusteigen. "Sogar jene, die Bitcoin auf der Spitze der letzten Blase bei 1.200 Dollar gekauft haben, sitzen heute auf gesunden Gewinnen", gibt er zu bedenken.

· Nicht überinvestieren: "Niemals mehr investieren, als man sich zu verlieren leisten kann", betont Lasher – ein Grundsatz, der generell bei allen Veranlagungen befolgt werden sollte. (Alexander Hahn, 1.6.2017)