Der Aufkleber mit integriertem Chip soll laut Waveex elektromagnetische Strahlung verträglich machen. Experten sehen die Wirkung als nicht belegt.

Foto: Waveex

Die niederösterreichische Gemeinde Gerasdorf hat ihre Kindergärten, Schulen und das Rathaus mit Chips ausgestattet, die angeblich vor elektromagnetischen Strahlen schützen sollen. Es handelt sich dabei um ein Produkt der österreichischen Firma Waveex, dessen Wirkung jedoch in Zweifel gezogen wird.

Aufkleber für Smartphones und Co

"Wenn es neue Erkenntnisse gibt, wie mögliche Gefahren von elektromagnetischen Strahlen, die von Handys ausgehen, reduziert oder ganz ausgeschaltet werden können, sorgen wir vor", erklärt Bürgermeister Alexander Vojta (SPÖ) gegenüber nön.at.

Bei dem Produkt von Waveex handelt es sich um einen Aufkleber mit integriertem Chip, der Mobilfunkstrahlen für den Körper "verträglich" machen soll. Das Pickerl soll dafür auf Smartphone, Laptop, Tablet oder WLAN-Router angebracht werden. Auf der Website des Unternehmens werden Studien und Gutachten angeführt, die die Wirkung bestätigen sollen.

"Waveex zerlegt die Spitzen (sogenannte Gradienten) zu sanften Verläufen, die für unseren Bio-Organismus verträglich und harmonisch sind, womit elektromagnetische Felder für unseren Körper verträglich gemacht werden", erklärt das Unternehmen die Funktionsweise. Ein einzelner Aufkleber kostet rund 25 Euro, das "Family-Pack" mit sieben Chips wird um 148 Euro verkauft. Laut nön.at wurde die Gemeinde Gerasdorf allerdings kostenlos damit ausgestattet.

Experten: Wirkung nicht plausibel

Die Wirkung dieser Aufkleber wird jedoch angezweifelt. Das Verbraucherschutzmagazin "Konsument" hat in Kooperation mit der medizinischen Faktencheckplattform medizin-transparent.at der Donau-Universität Krems erst im April über die Firma berichtet. Laut den Experten ist das Wirkprinzip derartiger Produkte wissenschaftlich nicht plausibel. "Wir fanden keine aussagekräftige Studie, die Aufschluss über eine mögliche Wirkung der Handyaufkleber geben könnte", heißt es.

Die von Waveex zitierten Studien seien im Auftrag des Herstellers entstanden. Eine der Studien würde "nicht einmal rudimentären Ansprüchen an wissenschaftlich korrektes Arbeiten" genügen, die Untersuchungen seien auch in keiner anerkannten wissenschaftlichen Zeitschrift publiziert worden. Wolfgang Vogl, CEO von Waveex World, weist die Kritik und den Artikel gegenüber dem STANDARD seinerseits als unseriös zurück.

Die Konsumentenschützer raten Nutzern, die eine Mobilfunk-Strahlenbelastung reduzieren wollen, Handytelefonate kurz zu halten oder mit Freisprecheinrichtungen zu telefonieren. "Zudem sollte nur bei guter Verbindung und möglichst wenig im Auto telefoniert werden", heißt es.

Auf Wunsch von Eltern

Vizebürgermeister Lukas Mandl (ÖVP) schreibt nach Kritik auf Twitter, Waveex sei an die Eltern herangetreten, und diese hätten sich bei der Gemeinde bezüglich der Aufkleber gemeldet. Er selbst "halte nichts von Esoterik, wollte aber nach dem Motto 'Bringt es nichts, schadet es nicht' das Engagement der Eltern nicht enttäuschen". Dass die Aktion trotzdem umgesetzt wurde, erklärt er mit einem "Flüchtigkeitsfehler in der laufenden Arbeit". Auf seinem Blog kündigte er für Anfang Juli eine Podiumsdiskussion an, die sich seriös mit dem Thema auseinandersetzen soll.

Bürgermeister Vojta selbst war für den STANDARD nicht für eine Stellungnahme erreichbar. Stattdessen gab man die Anfrage an Waveex selbst weiter. Eine Geschäftsbeziehung zwischen Vojta und dem Unternehmen besteht laut Vogl nicht. (br, 2.6.2017)