Goodies soll es nicht auf der Baustelle selbst, sondern für Beamte, darunter auch Polizisten, gegeben haben.

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Wien – Die Ermittlungen rund um verbotene Preisabsprachen in der Straßenbaubranche sind schon recht fortgeschritten – und die Angelegenheit ist wesentlich weitreichender als bisher bekannt. Die Wiener Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt gegen 203 Beschuldigte. Und: Sie geht auch dem Verdacht der Bestechlichkeit und Bestechung nach: Hohe Beamte sollen geschmiert worden sein.

Bei 169 Beschuldigten geht es um Kartellvorwürfe, konkret um den Verdacht auf "wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Vergabeverfahren" (§ 168b Strafgesetzbuch; StGB). Im Mai gab es zahlreiche Hausdurchsuchungen, für die Beschuldigten gilt – notabene – die Unschuldsvermutung.

Unter Verdacht stehen Mitarbeiter (auch solche der Alpine) und rund 40 in der einschlägigen Branche vertretene Bauunternehmen. Von den ganz Großen wie Strabag, Teerag Asdag (gehört zum Porr-Konzern), Porr Bau, Swietelsky oder Habau bis hin zu mittleren und kleinen Baugesellschaften – vor allem in Südösterreich. Denn die Projekte im Volumen von rund 100 Millionen Euro finden sich großteils in Kärnten und der Steiermark.

Beamte unter Verdacht

Unannehmlichkeiten gibt es aber auch für 27 zum Teil hochrangige Beamte aus Kärnten. Sie, aber auch Polizisten sollen sich bestechen haben lassen, mit Geld, Tankgutscheinen und anderem (Verdacht der "Vorteilsannahme zur Beeinflussung" gemäß § 306 Abs. 1 StGB). Verteilt hätten die Goodies Mitarbeiter der beschuldigten Bauunternehmen, gegen sieben Personen wird wegen Verdachts auf Bestechung ermittelt.

Hauptrolle bei der Aufklärung spielt ein roter Aktenordner. Selbiger wurde von der Steuerfahndung bei einer Hausdurchsuchung im Kärntner Bauunternehmen K. am 14. Juni 2016 einkassiert. Sein brisanter Inhalt hatte die Einleitung des jetzigen Verfahrens zur Folge: Aufzeichnungen eines Mitarbeiters zu rechtswidrigen Absprachen für Angebote, die "die in öffentlicher Hand stehenden Auftraggeber (wie die Asfinag) zur Annahme manipulierter Angebote veranlasst haben", hält das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) in einem Bericht fest. Der Verdacht: Mindestens 80 öffentliche Vergabeverfahren seien manipuliert worden (Ende 2016), die Zahl könne sich aber "noch deutlich erhöhen". 55 Unternehmen seien insgesamt in die Vergaben involviert gewesen.

Das Procedere soll immer gleich gewesen sein: Die Bieter sprachen sich ab, wer um welchen Preis anbietet. Der Bestbieter und Angebotsgewinner soll dann eine Art Abschlagszahlung an die anderen geleistet haben. Um überhöhte Angebote abgeben zu können, sollen alle, die bei der Ausschreibung mitmachten, anteilsmäßig in einen "Topf" eingezahlt haben.

Weihnachtslisten mit Details

Besonders delikat sind aber jene Dateien, die sich als "Weihnachtslisten" im roten Aktenordner fanden. Fein säuberlich ist da in vier Tabellen festgehalten, wer von wem gute Gaben überreicht bekam. Unter den Empfängern: auch 27 Entscheidungsträger von öffentlichen Auftraggebern.

Wer laut Liste 2013 Tankgutscheine bekam: ein für Deponien zuständiger Beamter beim Amt der Kärntner Landesregierung (100 Euro); sein Kollege von der Gewässeraufsicht (100 Euro), ein Beamter der Landesamtsdirektion (Personalangelegenheiten; 150 Euro) – aber sogar ein Kärntner Bezirkshauptmann (300 Euro) ließ sich laut Akten antanken.

Auch Polizei dabei?

Die "Polizei" in einer Lavanttaler Gemeinde habe einen Geldbetrag von 1.500 Euro kassiert. Einem Beamten am Klagenfurter Straßenbauamt sei ein "Kuvert" übergeben worden (und vier Tankscheine à zehn Euro), auch Straßenbauamt-Mitarbeiter in Villach bekamen Kuverts. Deren Inhalt war laut BAK-Recherchen Bargeld in unbekannter Höhe.

Einer der Kuvertempfänger war gemäß Liste ein Klagenfurter Landesbeamter (für den Straßenbereich zuständig) – der, ausgerechnet, für Controlling und Interne Revision zuständig sei. Insgesamt sollen Tankgutscheine im Wert von 4.280 Euro unterm Christbaum gelandet sein – und auch Weihnachtsfeiern wurden mit fast 40.000 Euro bezuschusst.

Vom Amt zum Stift

Dieselben Leute wurden auch 2014 wieder beschenkt: etwa ein für Landesstraßen zuständiger Wolfsberger Beamter (Kuvert), sein höherrangiger Kollege in Klagenfurt (Kuvert). Die Lavanttaler Polizisten (die namentlich nicht ausgeforscht werden konnten von ihren Kollegen) stehen mit 807 Euro auf der Gabenliste. In Summe seien 4.480 Euro (Tankgutscheine) an "Unternehmen, Behörden und Dienststellen" geflossen, mehr als 30.000 Euro für Zuzahlung zu Festen. Auch 2015 sollen die Bauunternehmen freigiebig gewesen sein: dieselben Empfänger, ähnliche Summen.

Kleine Weihnachtsfreuden bereitete man in diesen Jahren übrigens auch im Benediktinerstift Sankt Paul im Lavanttal. Da wurden gemäß Aktenlage drei in der Forst- beziehungsweise Landwirtschaft Tätige mit insgesamt 900 Euro Gutscheinen betankt. (Renate Graber, 2.6.2017)