Vernehmungspraktiken der US-amerikanischen und britischen Geheimdienste in Afghanistan und im Irak oder die Folterskandale von Guantánamo waren die letzten bekanntgewordenen und breit diskutierten Fälle von Missachtung der Anti-Folter-Konvention.

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Ein knappes "It works!" sorgte im Jänner 2017 für großes Erstaunen. Donald Trump sagte in einem Interview mit dem US-Fernsehsender ABC, er habe mit Experten gesprochen, die ihm versichert hätten, dass Folter, konkret das sogenannte Waterboarding, funktioniere. Das Thema des Interviews war der Kampf gegen die Grausamkeiten der IS-Miliz.

Grausamkeit mit Grausamkeit zu bekämpfen war Jahrhunderte lang legitime und reale Rechtspraxis. Das eindrucksvollste und erschreckendste Zeugnis ist der Hexenhammer, erschienen im Jahr 1486. Ein Werk, das die Hexenverfolgung legitimierte, die Hexenprozesse regelte und die anzuwendenden Foltermethoden genau beschrieb. Erst im 18. Jahrhundert begann die schrittweise Abschaffung der Folter.

Folter in Ausnahmen

Als europäischer Pionier gilt der preußische König Friedrich der Große. "Vor genau 277 Jahren am 3. Juni 1740 wurde die Folter durch Friedrich II. von Preußen abgeschafft", so steht es in historischen Kalendern. Doch genau genommen hat der aufgeklärte Monarch die Anwendung der "Tortur" eingeschränkt. "Seine Königliche Majestät in Preußen haben aus bewegenden Ursachen resolvieret, die Tortur gänzlich abzuschaffen, außer bei Majestätsverbrechen, Landesverräterei, auch den großen Mordtaten, wo viele Menschen ums Leben gebracht", heißt es.

Bevor die Folter in Österreich abgeschafft wurde, ließ man im Constitutio Criminalis Theresiana von 1768 die "Peinliche Gerichtsordnung" noch einmal genau definieren, die detailreichen Zeichnungen, die dem Gesetz beigefügt wurden, sollen den Missbrauch und "übermäßigen Gebrauch" verhindern. Joseph II., Sohn und Mitregent der Kaiserin Maria Theresia, verfügte am 2. Dezember 1776, "die peinliche Frage (...) ohne einigen Vorbehalt allgemein aufzuheben". Die Abschaffung der Folter geschah gegen Widerstände aus dem Justizapparat aber mit einer Mehrheit im Staatsrat.

Untauglich oder inhuman?

Der offiziellen Abschaffung der Folter in Mitteleuropa ist eine lange aufklärerische Debatte vorangegangen. Bereits im Jahr 1631 veröffentliche der Moraltheologe Friedrich Spee von Langenfeld das Werk Cautio criminalis seu Liber de processu contra sagas (in etwa "Mahnung zur Vorsicht in Strafverfahren oder von den Hexenprozessen"). Seine Ausführungen, anonym verfasst, weil jeder, der gegen den Hexenwahn argumentierte, Gefahr lief, selbst als Hexer angeklagt zu werden, zeugen vom ersten Anklang einer Humanisierung.

Spee spricht von der Untauglichkeit der Folter, weil es keine Absicherung gegen Fehlurteile gibt: Um der Qual der Tortur zu entgehen, gestehen viele Verbrechen, die sie nicht begangen haben. Das gelte insbesondere für Hexen, denn "das Weib ist unfähig Schmerzen zu ertragen und geschwätzig" (sic). Seine Argumente sind naturgemäß christlich argumentiert und sollen auch den Folterer schützen: Den Falschen zu foltern wäre unchristlich. Unter "unchristlich" reiht er auch konkrete Foltermethoden, wie etwa das Abschneiden oder Absengen der Schamhaare "der Weiber vor der Tortur durch den Henker".

Auch andere aufklärerische Gelehrte argumentierten nicht unbedingt humanistisch, oder weil sie Folter als unrechtmäßiges Mittel verstanden. Ihre Einwände konzentrieren sich auf die beweisrechtlichen Unzulänglichkeiten erfolterter Geständnisse. "Die Tortur ist ein Beweis der Körperstärke, und nicht der Wahrheit", resümierte der italienische Jurist und Philosoph Gaetano Filangieri.

Anders als die moderne Diskussion und Kritik der Folter und ihrer Abschaffung im menschenrechtlichen Kontext vermuten lässt, wurde sie im Humanismus vor allem deswegen abgeschafft, weil sie sich im Strafprozess als ineffizient für die Wahrheitsfindung erwiesen hat.

Unterdrückung und Abschreckung

Obwohl zunächst eingeschränkt und dann gänzlich abgeschafft, verschwand sie nicht: Weltweit ist die Folter bis heute noch üblich: In zwei Drittel der Staaten wird sie immer noch angewendet. In totalitären Regimen oder unter Kriegsbedingungen gelten brutale Methoden der körperlichen und psychischen Qual als probates Mittel der Unterdrückung und Abschreckung.

Vernehmungspraktiken der US-amerikanischen und britischen Geheimdienste in Afghanistan und im Irak oder die Folterskandale von Guantánamo waren die letzten bekanntgewordenen und breit diskutierten Fälle von Missachtung der Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1984. Zurzeit haben 160 Staaten diese völkerrechtlich verbindliche Konvention ratifiziert. Davor war die Folter bereits in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 verboten worden.

Trotz oft erklärter Unwirksamkeit und Ächtung aus menschenrechtlicher Sicht gibt es auch abseits von Trumps Sager aus dem ABC-Interview eine erstzunehmende Debatte über die Zulässigkeit der Folter. Aktuell wird in juristischen Kreisen immer wieder diskutiert, ob der fundamentalistische, islamistische Terror nur mit rechtswidrigen Mitteln bekämpft werden kann. Darunter fallen auch Geheimgefängnisse oder eben die "Rettungsfolter", die es erlauben würde Scherzen zuzufügen oder anzudrohen, um Menschenleben zu retten.