Die Europäer müssten angesichts des amerikanischen Unglücksfalles Donald Trump "ihr Schicksal nun selbst in die Hand nehmen", sagte Angela Merkel. Das Glück will es, dass sie dafür im neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron auch einen Partner hat, der genauso denkt.

Frage: Wo wird Österreich da zu finden sein? Die Frage stellt sich auch, weil wir mit einiger Wahrscheinlichkeit ab Oktober eine Regierungsbeteiligung der FPÖ haben werden. Einer Partei, die traditionell EU-skeptisch bis EU-feindlich ist und auf jeden Fall ein anderes Bild von der EU hat als das jetzige.

Merkel und Macron werden versuchen, eine EU zu steuern, die versucht, das Beste aus der Brexit-Verrücktheit und der Verunsicherung durch Trumps Nato-Zwiespältigkeit zu machen. Das bedeutet unter anderem eine noch intensivere gemeinsame Politik und eine Beibehaltung der Abgrenzung gegenüber Putin.

Genau da wollen aber die Rechtspopulisten in der EU nicht mit. Die in Westeuropa sind vorläufig abgebremst (Frankreich, Niederlande, wahrscheinlich auch in Deutschland), die in Osteuropa (Visegrád-Staaten) sind an der Macht: in Ungarn, in Polen, in Tschechien ist der Präsident einer. Die wollen eine andere EU, nämlich eine illiberale, nationalistische. Selbstverständlich will auch die FPÖ das, und die kommt wohl in die Regierung.

Wo wird sich die neue österreichische Regierung hinwenden: Merkel/Macron oder Orbán/Kaczinsky?

Wenn es im Herbst Schwarz-Blau gibt, wird es noch spannender. Denn der potenzielle Kanzler Sebastian Kurz hat sich als Außenminister in der Flüchtlingsfrage harsch von Angela Merkel abgegrenzt ("falsche Politik") und großes Verständnis für die autoritären Osteuropäer gezeigt, denen gegenüber man sich (in der Asylfrage) nicht als die "vermeintlich moralisch Überlegenen" zeigen solle. Kanzlerin Merkel wird sich seine Kritik an ihr und an der Führungsrolle Deutschlands in der EU gemerkt haben.

Ebenso wie die populismusgetriebenen Querschüsse von Kurz, aber auch von Kanzler Kern in der Türkeifrage ("sofort Verhandlungen abbrechen"). Sie wird auch registriert haben, dass die mögliche Regierungspartei FPÖ das allerbeste Verhältnis zu Putin hat.

Wenn es eine rot-blaue Regierung geben sollte, ist mit Kanzler Christian Kern ein verlässlicher Europäer am Ruder. Allerdings wird die EU-Skepsis in der SPÖ, besonders im Gewerkschaftsflügel, immer spürbarer. Und dass Österreich als Ganzes lieber heute als morgen die Sanktionen gegen Russland aufgehoben sehen möchte, ist auch evident. Schon jetzt unterläuft Österreich die EU, indem es zulässt, dass sich die OMV immer enger an die russische Energiepolitik anschließt. Und dann bleibt halt auch in dieser Variante die EU-feindliche FPÖ.

Österreich täte selbstverständlich besser daran, auf der Seite von Merkel/Macron zu stehen, als sich mit den autoritären Osteuropäern zusammen zu tun. Sowohl Kern wie Kurz sollten sich dazu bald verbindlich äußern. (Hans Rauscher, 2.6.2017)