Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gilt als leidenschaftlicher Begrüßer von Staatsgästen. Nach der Klimaattacke von US-Präsident Donald Trump drückte er Chinas Premier Li Keqiang umso fester.

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So rasch einig wie in der Nacht auf Freitag hat man die EU-Staaten und ihre unterschiedlichsten Partner in der Welt in Sachen Klimaschutz praktisch noch nie reagieren gesehen: Kaum hatte US-Präsident Donald Trump seine Rede im Rosengarten des Weißen Hauses in Washington gegen 22 Uhr MEZ beendet, in der er den Ausstieg der USA aus dem Pariser Abkommen samt Wunsch nach "Neuverhandlung" erklärte, brach eine Welle der Ablehnung los.

Sie war im Vorfeld offenbar gut abgestimmt. Trump hatte die Regierungschefs von Frankreich, Deutschland, Großbritannien und Kanada telefonisch persönlich informiert. Staatspräsident Emmanuel Macron übernahm in Paris, wo das Klimaschutzabkommen Ende 2015 von 195 Staaten vereinbart wurde, die Führung in der harten Haltung der Europäer. In einem Liveauftritt im Élysée-Palast erklärte er gegen Mitternacht, dass es "unter keinen Umständen" neue Gespräche über die Vertragsinhalte geben könne: "Es gibt keinen Plan B, weil es auch keinen Planet B gibt", sagte Macron.

Er trug im Kern ein von Italien, Deutschland und Frankreich abgestimmtes Papier vor. Danach wurde eine zwischen Europäern und den Staaten der Afrikanischen Union abgestimmte Erklärung bekannt, wonach an den Zielen von Paris unverändert festgehalten werde. In Brüssel sorgten unterdessen die EU-Spitzen dafür, sich mit der chinesischen Delegation unter der Führung von Premierminister Li Keqiang abzustimmen. Dieser war zum EU-China-Gipfel in der Stadt, der eigentlich der Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen diente. Nun wurde er zur Demonstration des euro-asiatischen Zusammenrückens in Sachen Klimaschutz. "Es wird nicht der Rückwärtsgang bei der Energiewende eingeleitet", betonte Kommissionschef Jean-Claude Juncker bei einem Treffen mit Li und Ratspräsident Donald Tusk, "es gibt auch kein Zurückweichen beim Pariser Abkommen". Der chinesische Premier sicherte gute Kooperation zu. China ist mit einem Schadstoffanteil von 28 Prozent Schlüsselland zur Umsetzung des Abkommens, vor den USA mit 16 Prozent. Indien, drittgrößter Treibhausgasproduzent, will ebenfalls an Bord bleiben.

Während in der Nacht Empörung und Kritik zu Trumps Vorgehen um die Welt ging, von den Fidschiinseln über Australien, Japan bis Ungarn, wo sich Trump-Fan und Premier Viktor Orbán "schockiert" zeigte, bereitete die deutsche Kanzlerin Angela Merkel ein Statement vor. "Wir brauchen dieses Pariser Abkommen, um unsere Schöpfung zu bewahren, nichts kann und wird uns dabei aufhalten", sagte sie in Berlin.

Neuer Darling China

Trumps Entscheidung sei "äußerst bedauerlich", damit drücke sie sich "noch sehr zurückhaltend aus". Entschlossener denn je werde sie nun "die Kräfte zum Kampf gegen den Klimawandel bündeln", in Europa wie weltweit.

Bei so viel Druck zur Einigkeit stand China in Brüssel plötzlich als größter Profiteur der Isolierung der USA da. Juncker sagte neben Li, dass es noch viele Schwierigkeiten und unfaire Handelspraktiken gebe, man aber "offen und ehrlich" an einem Abkommen mit Peking arbeiten wolle. Der Premier beantwortete das positiv. Sein Land sei interessiert, die Bedingungen für ausländische Firmen Schritt für Schritt zu verbessern. (Thomas Mayer aus Brüssel, 2.6.2017)