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Ein Protestmarsch in Pittsburgh für saubere Luft. Das Bild stammt aus dem Jahr 2014, also aus der Zeit vor Trump

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Die Radierung ist 1908 im Umland von Pittsburgh entstanden. Hunderte Stahlfabriken entstanden ab dem Ende des 19. Jahrhunderts in der Region – die rauchenden Schornsteine waren lange das Symbol Pittsburghs.

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Wien/Pittsburgh – Die Umweltkatastrophe von Donora nahm ihren Ausgang in den Morgenstunden des 26 Oktober 1948. Eine dicke Nebelschicht legte sich über die unweit von Pittsburgh gelegene Kleinstadt, so berichteten es Bürger später. Mehr und mehr Einwohner klagten im Laufe des Tages über Atemnot. Als im örtlichen Spital erste Todesfälle auftraten, versuchten die Behörden Teile der Bevölkerung zu evakuieren.

Doch der Nebel soll so dicht gewesen sein, dass selbst die Feuerwehr kaum Menschen aus dem Ort schaffen konnte. Als der Spuk fünf Tage später vorbei war, hatte der "Todesnebel", wie er in den Medien später genannt wurde, 20 Menschenleben gefordert, Tausende mussten in Spitälern behandelt werden. Der Nebel war in Wahrheit eine Giftwolke aus Kohlenstoffmonoxid, Schwefeldioxid und Metallstaub gewesen. Eine besondere Wetterlage hatte dazu geführt, dass der Rauch aus den Fabriken in und um Donora nicht abziehen konnte.

Für Pittsburgh, nicht Paris

Die Katastrophe ist stark verbunden mit der Geschichte der Region Pittsburgh. Umwelt- und Luftverschmutzung hat das Leben der Menschen hier stark geprägt. Trotzdem musste ausgerechnet Pittsburgh in der Rede von US-Präsident Donald Trump als Rechtfertigung dafür herhalten, dass er die USA aus dem Klimaschutzvertrag von Paris führen werde. "Ich wurde gewählt, um die Bürger von Pittsburgh zu repräsentieren, nicht jene von Paris", erklärte Trump am Donnerstag.

Trumps Worte werden in der Stadt von den allermeisten als Affront empfunden, sagte kurze Zeit später der demokratische Bürgermeister Pittsburghs, Bill Peduto, zu CNN. Den Menschen in seiner Stadt sei klar, dass die Treibhausgase reduziert werden müssen. Noch vor einigen Jahrzehnten habe Pittsburgh so ausgesehen wie "China heute". "Wir waren die Stadt, in der es so viel Rauch gab, dass die Straßenbeleuchtung 24 Stunden am Tag anbleiben musste", so Peduto.

Rauch gegen Bakterien

Die Luftverschmutzung, über die der Bürgermeister spricht, ist gut dokumentiert. Der Historiker Joel Tarr, der an der Carnegie Mellon University zu Umweltfragen forscht, hat dem Thema zahllose Aufsätze gewidmet. Rohstoffvorkommen und die guten Wasserwege führten Ende des 19. Jahrhunderts dazu, dass in und um Pittsburgh hunderte Stahlfabriken entstanden. Lange Zeit scherte sich niemand um Luftverschmutzung. Tarr schreibt, dass den Abgasen lange Zeit gute Wirkung zugeschrieben wurde, weil der Rauch angeblich Bakterien abtöte. Kein Thema war damals, dass die Stahlindustrie eine der größten Quellen für Kohlendioxid-Emissionen ist. Kohlendioxid trägt als Treibhausgas zur Klimaerwärmung bei.

Erst nach 1945 setzte ein Umdenken ein. Pittsburgh begann gegen die Luftverschmutzung zu kämpfen, Auflagen für Unternehmen wurden eingeführt. Mit der Katastrophe von Donora wurde das Thema landesweit relevant.

Ein großer Teil der Fabriken verschwand aus der Stadt. Pittsburgh ist eine demokratische Hochburg – die Stadt gibt sich jung und studentisch und legt für US-Verhältnisse viel Wert auf Klimaschutz. Wer allerdings mit Arbeitern in den verbliebenen Fabriken im Umland der Steel City spricht, hört viele Klagen über die angeblich so strengen Umweltauflagen. An diese Arbeiter dürfte Trump seine Worte gerichtet haben.

Das Argument in den Fabriken geht so: Die strengen Regeln machen die Stahlproduktion in den USA teuer und sorgen dafür, dass Mitbewerber aus China billiger anbieten können. Entsprechend wenig Sympathien gibt es für das Pariser Abkommen. Zugleich erzählen die Arbeiter, wie schlecht die Luftqualität lange Zeit in den Orten gewesen sei und zum Leid ihrer Kinder immer noch unter dem Niveau im Rest des Landes liege. Aber das zählt zu den politischen Widersprüchlichkeiten, auf die man derzeit so häufig trifft. (András Szigetvari, 3.6.2017)