Eisenstadt – In Eisenstadt ist am Dienstag der BEWAG-Prozess in die Schlussrunde gegangen, morgen könnte es Urteile geben. In dem Verfahren, bei dem zehn Angeklagten im Zusammenhang mit einem Windparkprojekt Untreue und Bestechung vorgeworfen werden, bekräftigte der Ankläger in seinem Plädoyer den Vorwurf, dass rund um das Vorhaben Schmiergelder geflossen seien. Für einen Angeklagten endete der Prozess unterdessen mit einer Diversion.

Zu Beginn des Prozesstages wurden noch letzte Zeugen befragt, bevor die Vorsitzende des Schöffensenats, Karin Lückl, das Beweisverfahren beendete. Dem früheren Geschäftsführer einer BEWAG-Tochterfirma bot das Gericht die Möglichkeit der Diversion an. Diese gelte für den Fall, dass der Angeklagte Verantwortung übernehme und insgesamt 43.000 Euro (Schadenswiedergutmachung und eine Geldbuße, Anm.) leiste, erläuterte Lückl.

Der Angeklagte nahm nach Beratung mit seinem Anwalt das Angebot an. Daraufhin wurde die Hauptverhandlung gegen ihn auf unbestimmte Zeit zur Durchführung der Diversion unterbrochen.

Millionenzahlungen an einen Lobbyisten

Gegenstand des Verfahrens seien "Millionenzahlungen an einen Lobbyisten, für die eigentlich niemand Erklärungen hat", führte Oberstaatsanwalt Günter Gößler aus. Mittels eines Vertrages aus dem Jahr 2004 sei die Hochegger-Gruppe beauftragt worden, das Vorhaben zur Errichtung eines Windparks zu betreiben. Dazu seien Stundenabrechnungen und ein Erfolgshonorar vereinbart worden.

"Plötzlich heißt es dann: So geht's nicht, jetzt brauchen wir ein paar Millionen extra", stellte der Ankläger fest. Deshalb sei ein Werkvertrag aufgesetzt worden, "der unseres Erachtens ganz klar der Verschleierung von Schmiergeld gedient hat." Die Verteidiger hätten "versucht, das kleinzureden".

Mit den verschiedenen Erklärungen der Angeklagten im Verfahren für insgesamt 2,7 Mio. Euro "Extrazahlungen" an die Hochegger-Gruppe gab sich die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) nicht zufrieden. "Das passt eigentlich alles nicht zusammen", lautete das Resümee des Oberstaatsanwalts.

Gelder für das ungarische Energieamt

"Wenn Millionenbeträge bezahlt werden und niemand von den Verantwortlichen kann sagen, wofür, dann müssen wir uns dafür interessieren", meinte Gößler. Es stelle sich die Frage: "Was ist jetzt die Wahrheit?" Die Gelder seien aus Sicht der Staatsanwaltschaft "für Mitarbeiter der E.ON" und des ungarischen Energieamtes bestimmt gewesen. Der (mit der Hochegger-Gruppe abgeschlossene, Anm.) Werkvertrag habe "der Verschleierung von Schmiergeldzahlungen gedient".

Das Motiv für die mutmaßlichen Zahlungen sah Gößler darin, dass die BEWAG 2007 den Wunsch geäußert habe, die ausländischen Windparkprojekte zu Geld zu machen. "Das war auch der Auslöser für die Straftaten, mit denen wir es heute zu tun haben."

Das Windparkprojekt habe ohne Netzanschluss keinen einzigen Cent an Einnahmen gebracht. Der damalige BEWAG-Vorstand Hans Lukits habe gesehen: "Da haben wir noch nichts", dann habe er "die Sache in die Hand genommen". Lukits sei "die treibende Kraft" hinter den Zahlungen und Verträgen gewesen, stellte der Ankläger fest. Dessen Vorstandskollege Josef Münzenrieder habe "alles mitgetragen".

Anwälte fordern Freisprüche

Die Anwälte der angeklagten Ex-BEWAG-Vorstände Hans Lukits und Josef Münzenrieder, Gerhard Schilcher und Mirko Matkovits, forderten für ihre Mandanten Freisprüche.

In der Hauptverhandlung habe sich nichts gefunden, was den Anklagevorwurf irgendwie hätte stützen können, argumentierte Schilcher. Was den Vorwurf der Bestechung betreffe, gebe es nicht den geringsten Hinweis, dass jemand mit der ungarischen Energiebehörde gesprochen haben könnte.

"Wer soll bestochen worden sein?" fragte der Verteidiger des Ex-BEWAG-Chefs. Der Vorwurf diesbezüglich sei "völlig schwammig". Es gebe "keinen Hinweis auf einen Bestechungsversuch irgendeines Amtsträgers in Ungarn, es gibt auch keinen Bestechungsversuch bei der E.ON."

Auch den Vorwurf, Lukits habe gegenüber dem BEWAG-Aufsichtsrat unvollständige Angaben gemacht, wies der Verteidiger zurück. Es gebe "keinen Hinweis darauf, dass mein Mandant in irgendeiner Weise eine Fehlinfo geliefert hat". Lukits habe "nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt: Verschwiegen wurde hier gar nichts."

Münzenrieders Verteidiger Matkovits hinterfragte wie schon im Eröffnungsplädoyer die Motivlage hinter der Anklage: Ausgangslage für das nunmehrige Strafverfahren sei ein Zerwürfnis zwischen dem BEWAG-Aufsichtsrat und dem Vorstand gewesen. Die beiden Vorstände hätten bei der Unterzeichnung ihrer Auflösungsvereinbarung nichts davon gewusst, dass der Aufsichtsratsvorsitzende bei der Abfertigung habe "sparen" wollen. "Man hat den beiden Vorständen etwas vorgegaukelt, um sie dann in die Pfanne zu hauen", so Matkovits.

Urteile am Mittwoch

So habe man versucht, sich der beiden Vorstände zu entledigen. "Alle, die dabei blöderweise mitgepurzelt sind, bemüht man sich, pflegeleicht zu behandeln", stellte der Verteidiger im Hinblick auf die Mitangeklagten fest.

Was den Bestechungsvorwurf betreffe, so gebe es keinen Anhaltspunkt, "wer an wen wann was für ein Bestechungsgeld übergeben haben könnte". Zusammenfassend ergebe sich, "dass von der Anklageschrift nicht viel übrig geblieben ist", meinte Matkovits: "Bestechungs- und Untreuevorwürfe sind geplatzt wie eine Seifenblase". Die Urteile im BEWAG-Prozess könnte es bereits am Mittwoch geben. (APA, 6.6.2017)