Die Faszination des Menschen für seine eigene Endlichkeit hat immer wieder die Wissenschaft beflügelt. Schon lange suchen Forscher etwa nach Möglichkeiten, die Alterung wichtiger Zellen zu bremsen oder gar umzukehren. Andererseits wird auch eifrig daran geforscht, gesundheitliche Risiken zu analysieren und die Lebensdauer von Menschen zu prognostizieren.
Forschern der Adelaide School of Public Health ist dabei nun ein Schritt nach vorne gelungen. Sie haben ein selbstlernendes System entwickelt, das die Todeswahrscheinlichkeit von Patienten innerhalb eines fünfjährigen Zeitfensters errechnet. Die künstliche Intelligenz erreicht dabei mittlerweile das Level menschlicher Ärzte, berichtet Techradar.
68 Prozent Genauigkeit
Zur Analyse zieht der Computer Computertomographie-Aufnahmen des Brustraums der Probanden heran. Von insgesamt 48 Personen wurden entsprechende Bilder eingespeist. 68 Prozent aller Todes-Prognosen, mehr als zwei Drittel, erwiesen sich als richtig.
Das Projekt wirft freilich ethische Fragen auf, allerdings betonen die Wissenschaftler seine Wichtigkeit. Ein Ausblick auf die gesundheitliche Entwicklung von Patienten ermögliche eine bessere Anpassung seiner Behandlung. Menschliche Ärzte seien in ihren Möglichkeiten zur Untersuchung des Zustands einzelner Organe jedoch eingeschränkt.
Computer lernt, Krankheiten zu erkennen
Das Computersystem hingegen kann riesige Datenmengen binnen kurzer Zeit auswerten und dabei auch niederschwellige Muster entdecken, die den Doktoren aus Fleisch und Blut verborgen bleiben. Trotz der kleinen Probandenzahl lege das Ergebnis nahe, dass ihr Systems selber gelernt habe, die Anzeichen verschiedener Krankheiten zu erkennen.
Tatsächlich können die Wissenschaftler nämlich selber nicht genau sagen, anhand welcher Veränderungen in den CT-Scans der Computer seine Prognosen aufgestellt hat. Klar ist nur, dass die sichersten Voraussagen Patienten betrafen, die an schweren chronischen Erkrankungen wie Herzinsuffizienz oder Emphysemen litten. Menschliche Experten müssten für deren Erkennung langwierige und teure Ausbildungen absolvieren.
Man wolle auf diesem Weg nun viel mehr CT-Scans analysieren, um die Genauigkeit der Voraussagen zu erhöhen. In Zukunft hofft man, auf diesem Wege auch andere Krankheiten und Probleme möglichst früh identifizieren und somit besser behandeln zu können. Ihre Erkenntnisse haben sie im Journal Nature veröffentlicht.
Erkennungsrate mehr als verdoppelt
Nicht nur in Adelaide wird an medizinischen Prognosen durch künstliche Intelligenz geforscht. An der University of Nottingham erhofft man sich ebenfalls bessere Voraussagen über kardiovaskuläre Erkrankungen, schreibt Phys.org.
Die testweise eingesetzten Maschinenlern-Algorithmen wertete Daten von rund 378.000 Patienten britischer allgemeinmedizinischer Kliniken aus. Während nach dem Standard-Verfahren, in dem anhand von acht Faktoren eine Risikoerhebung durchgeführt wird, 1,7 Prozent aller Risikofälle erkannt wurden, schafften die vier Algorithmen im Schnitt eine Erkennungsquote von 3,6 Prozent aller Patienten, die innerhalb des zehnjährigen Auswertungszeitraums Herz-Kreislauf-Probleme bekamen.
Auch hier kam man zu dem Schluss, dass selbstlernende Computersysteme in Zukunft eine wichtige Rolle im Gesundheitswesen spielen werden – insbesondere in Sachen personalisierter Behandlung und Risikomanagement.
Lungenhochdruck: Computer schlägt menschliche Ärzte
Schließlich berichtet die BBC von Forschungsergebnissen aus dem London Institute of Medical Sciences. Auch hier wird ein auf Maschinenlernen basierendes System erprobt. Es wertete Magnetresonanz-Scans des Herzschlags, Blutwerte sowie andere Gesundheitsdaten aus den vergangenen acht Jahren von 256 Patienten mit Lungenhochdruck aus. Darauf basierend errechnete es das Ablebens-Risiko auf einen Zeitraum von rund fünf Jahren.
Insbesondere für die Vorhersage im ersten Jahr sind die Ergebnisse vielversprechend. Hier lag die künstliche Intelligenz in 80 Prozent aller Fälle richtig. Menschliche Ärzte erreichen hier eine Prognosegenauigkeit von 60 Prozent.
Man will das System nun in anderen Spitälern erproben und, sofern es auch dort erfolgreich abschneidet, breiter verfügbar machen. Auch hier erwartet man, in Zukunft die Behandlung von Patienten besser individualisieren und insbesondere stark gefährdeten Menschen intensive Therapiemaßnahmen schneller zugänglich machen zu können – was zahlreiche Menschenleben retten könnte. (gpi, 25.06.2017)