Salzburg – Man kann über Sinn und Unsinn von Kosmetika streiten. Fakt ist: Sie werden verwendet. Von Jung und Alt, von Mann und Frau. Ein Manko vieler Produkte lautet, dass nicht immer klar erkennbar ist, ob Salben, Cremes, Tinkturen, Lippen- und Kajalstifte oder Schminke allgemein verträglich sind oder nicht auch gesundheitsschädlich sein könnten.

In der Kosmetikindustrie wird mit so manchem experimentiert, zum Beispiel: aromatische Kohlenwasserstoffe aus Mineralöl in Lippenstiften. Sie stehen unter dem Verdacht, krebserregend zu sein. Dasselbe gilt für Aluminiumsalze in Deodorants. Oder Konservierungsstoffe aus der Klasse der Parabene: Diese Stoffe sind Kosmetika beigefügt, damit diese nicht zu schimmeln beginnen. Parabene wirken zwar antibakteriell, sind aber gleichzeitig in der Gruppe der hormonähnlich wirkenden Stoffe eingestuft.

In Tierversuchen wurde nachgewiesen, dass Konservierungsstoffe den Östrogenhaushalt durcheinanderbringen oder den Testosteronspiegel männlicher Ratten senken. Zudem zeigten Studien, dass sie in fast allen Menschen nachgewiesen werden können, vor allem bei Frauen.

Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung misst den Parabenen zwar eine geringe Toxizität zu, Konsumentenschützer sind aber der Meinung, man müsse auf Nummer sicher gehen und nach dem Vorsorgeprinzip handeln. Also: raus mit womöglich schädlichen Stoffen und nach Alternativen suchen.

Genau das versuchen Forscher an der FH Salzburg. Sie fragten sich: Warum nicht in der Natur nach Inhaltsstoffen fahnden, die Bakterien abtöten können, aber für den Menschen unschädlich sind? Fündig sind sie im Wald geworden – und glauben, damit gleich zwei Fliegen auf einen Schlag treffen zu können. "Wir könnten aus Abfallstoffen im Holztrocknungsprozess wirksame Konservierungsstoffe für Naturkosmetika gewinnen", sagt Thomas Schnabel, Senior Researcher vom Studiengang Holztechnologie & Holzbau an der FH Salzburg.

Antibakterielle Wirkung

Forschungen zeigten, dass Bäume Inhaltsstoffe besitzen, mit denen sie sich gut gegen Feinde wehren können – gegen Pilze, Bakterien oder Insekten. Vor allem die Gruppe der Polyphenole, beispielsweise Tannine, zeigen antibakterielle Wirkungen. Dieser baumeigene Schädlingsschutz ist zwar schon seit einigen Jahren bekannt. Wirklich genutzt werden die Inhaltsstoffe in diesem Zusammenhang aber noch nicht. Während der Holzverarbeitung, etwa bei der Trocknung, fließen Tannine und Co ungenutzt in den Gully oder verdampfen in die Luft.

Schade, meinte Schnabel, "da bleibt Geld liegen." Im Labor gewinnt Schnabel die Inhaltsstoffe daher bereits zurück – beispielsweise mit Destillieranlagen. "Sie riechen herb und harzig, je nach Baumart mit eigener Note. Jetzt werden sie noch näher untersucht."

Die ersten Ergebnisse stimmen den Forscher optimistisch. "Die antibakterielle Wirkung scheint gegeben." Um die Substanzen als Konservierungsstoffersatz in der Kosmetikindustrie einsetzen zu können, dürfen freilich keine schädlichen Nebenwirkungen wie etwa Hautreizungen auftreten. Schnabels Projektpartner aus der Naturkosmetikindustrie ist nun gerade dabei, die nötigen Tests durchzuführen. "In einigen Monaten werden wir mehr wissen."

Produziert werden könnten die "Holzkosmetika" ohne größeren Aufwand. Trocknungsanlagen wären umrüstbar, um die Abfallstoffe aufzufangen. Immerhin bis zu 30 Prozent der Trockenmassen von Rinde und ungefähr ein bis fünf Prozent von Holz zählen zu den Extraktstoffen.

Es wäre gut möglich, dass nicht nur Naturkosmetika mit den neuen Konservierungsstoffen von "Bruder Baum" ausgestattet werden, sondern auch weitere zusätzliche Produkte gewonnen werden könnten. Denn die Kosmetikindustrie steht generell unter Legitimationsdruck in Sachen Parabene. Unschädliche und (genauso) wirtschaftlich interessante Alternativen sind daher gefragt. 2018 soll das Projekt abgeschlossen werden. Dann wird man mehr wissen. (nort, 10.6.2017)