Es ist eine Personalie, die realpolitische Aussagekraft hat: In der CIA hat unlängst einer die Iran-Operationen übernommen, den sie in der Washingtoner Geheimdienstlerszene den "Dunklen Prinzen" oder "Ajatollah Mike" nennen. Michael D'Andrea, so sein bürgerlicher Name, ist der Mann fürs Grobe bei der Agency. Er hat die Jagd auf Osama bin Laden koordiniert und das US-Drohnenprogramm gelenkt, mit dem insbesondere Barack Obama Tausende töten ließ. Nun, schreibt die "New York Times", soll D'Andrea die neue, harte Politik gegen Teheran umsetzen. Denn Donald Trump mache ernst mit seinen Ankündigungen aus dem Wahlkampf gegen den "Terrorstaat Nummer eins".

Der neue Präsident gibt damit jene politische Ambiguität auf, die sein Vorgänger über lange Jahre mühsam bis zu einem Atomabkommen mit dem Iran gepflogen hat. Obamas Kalkül: Wer in den multiplen, vielschichtigen Krisen des Nahen Ostens politischen Spielraum haben will, der muss mit dem Iran rechnen – und zwar besser in Partner- statt in offener Feindschaft. Mit der Wiederwahl Hassan Rohanis hätte sich diese – ohnehin schwierige – Annäherung so überlegt wie vorsichtig fortsetzen lassen. Aber Umsicht kommt in der geopolitischen Nullsummenwelt Trumps schlechterdings nicht vor.

Zweite Eskalationsstufe

Nach einem munteren Säbeltänzchen und einem fetten Rüstungsdeal in Riad hat sich der neue US-Präsident wieder auf nur eine Seite, jene der Saudis, geschlagen. Die Entwicklung in Katar ist die zweite Eskalationsstufe mit Blick auf Teheran. "Während meiner Reise durch den Nahen Osten habe ich verlangt, dass die Unterstützung für radikale Ideologien aufhören muss. Die Staatsführer haben auf Katar gezeigt – schau dir die an!" Das twitterte Trump am Dienstag in Washington. Auf seinem Trip muss er wohl Verständnis für das geäußert haben, was danach an Strafaktionen gegen das verhältnismäßig iranfreundliche Emirat ersonnen und ausgeführt wurde. Mit Billigung Washingtons schlug man den Sack und meinte den Esel.

Hält die Krise über einen längeren Zeitraum an, werden die Folgen für die USA einigermaßen ernüchternd sein: Doha könnte sich gänzlich Teheran zuwenden, genauso könnten China, Russland und die Türkei – schon jetzt politische oder ökonomische Partner des kleinen Emirates – wichtiger werden für Katar. Die Vereinigten Staaten dagegen müssten um ihren Einfluss bis hin zum wichtigen Marinestützpunkt Al Udeid bangen. Dazu käme deutlich weniger Manövrierraum in Krisen vom Bosporus über Syrien, den Irak bis nach Afghanistan.

Eskalationspolitik der USA

Immerhin: Vor einer einseitigen Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran hat Trump bisher – trotz breiter Sympathien im US-Kongress dafür – abgesehen. Ebenso von Sanktionen gegen Teheran, die nicht gegen den Atomdeal verstoßen würden.

Durch ihre Eskalationspolitik "gewinnt" die US-Regierung dagegen einen Alliierten, dessen staatlich geförderte wahhabitische Eiferer den Terrorismus weltweit mindestens so unterstützen wie der Iran. Würde der Nullsummen-Ajatollah im Weißen Haus seine CIA-Briefings tatsächlich auch absolvieren und ernst nehmen, müsste ihm das in der Zwischenzeit aufgegangen sein. Im Notfall könnte ihm das auch der "Dunkle Prinz", der seiner Ehefrau wegen zum Islam konvertierte Iran-Officer, hinterbringen. Auch wenn man Politik als eine Art Bullshit-Bingo betreibt, zeitigt das Folgen. (Christoph Prantner, 6.6.2017)