Michel Godard und Linda Bsiri verbinden – in Originalkompositionen und Improvisationen – Barock, Klassik und Jazz.

Foto: Barockfestival St. Pölten

St. Pölten – Die Hauptstadt Niederösterreichs kann auf eine blühende Phase der Barockisierung zurückblicken, die vor allem mit einem Namen verbunden ist: Jakob Prandtauer. Der Tiroler Baumeister ließ sich 1692 in der Klostergasse nieder und hinterließ bis heute sichtbare Spuren.

Das Barockfestival St. Pölten kann sich also auf historische Wurzeln berufen. Seine Leiterin, Caroline Berchotteau, versucht Alte Musik mit einem frischen Anstrich zu versehen.

Zum einen ist das Programm der nun zwölfte Auflage der Veranstaltungsreihe in musikalischer Hinsicht alles andere als puristisch, zum anderen öffnet es sich zum Tanz und Film. Außerdem bemüht man sich um thematische Schwerpunkte, diesmal ist es wegen des 500-Jahr-Jubiläums "Martin Luther und die Reformation".

Von Luther zu Bach

Zwei Abende unter dem Motto Bach meets Luther gehen von den Chorälen des Reformators aus, die Bach verwendete und bearbeitete: Zunächst kommen die Capella Incognita und das Ensemble Sonocto – Leitung Marcus Hufnagl – in die evangelische Kirche (11. 6.), dann absolvieren Domchor und Domorchester unter der Leitung von Otto Kargl einen Auftritt im Dom (18. 6.).

Bei der Eröffnung in der Franziskanerkirche geht es zunächst um die "Femina Sacra", also um die Gottesmutter Maria, dann jedoch auch um "alte Göttinnen von Mutter Erde, von Quellen, Flüssen, Wäldern". Michel Godard, Linda Bsiri und Lee Santana verbinden von ihrer Ausrichtung her Barock, Klassik und Jazz und werden sowohl mit Originalkompositionen als auch mit Improvisationen aufwarten (10. 6.). Von Linda Bsiri gibt es vorab übrigens auch einen Stimmworkshop für St. Pöltener Schüler.

Grenzgänge

Ähnlich frisch geht es in drei Projekten zu, die sich explizit musikalischen Grenzgängen widmen: In der ehemaligen Synagoge trifft das Ensemble Les Accords Extraordinaires auf den Flamencotänzer Elías Morales Pérez (16. 6.), am selben Ort stellen das Duo Jean-Louis Matinier (Akkordeon) und Marco Ambrosini (Nyckelharpa, ein traditionelles schwedisches Streichinstrument) Eigenkompositionen nach barocken Vorbildern vor (22. 6.). Und unter dem Titel "From Monteverdi to Mina Mazzini" macht das Ensemble Soqquadro Italiano gemeinsam mit dem Sänger Vincenzo Capezzuto eine Reise durch 400 Jahre italienische Musik bis hin zum Pop der 1960er-Jahre (24. 6.).

Weitere Termine: eine Filmmatinee im Cinema Paradiso mit dem Cembalobauer Martin Pühringer (11. 6.), ein Abend mit dem Ensemble "Die Tandler" im Wirtshaus Vinzenz Pauli (15. 6.), ein Auftritt des Grazer Ensembles Zeitgeist in der ehemaligen Synagoge (17. 6.) sowie am 23. 6. ein ganz und gar nicht reformatorisches Konzert im Dom unter dem Motto "Orgel plus Wein". (daen, 8.6.2017)