Wer sich schon vor der Wahl klare Hinweise auf den Ausgang erhofft hat, der wird von den britischen Umfrageinstituten enttäuscht. So weit wie schon lange nicht mehr liegen ihre Resultate diesmal auseinander: von einem nur einprozentigen Vorsprung für die Konservativen, den das Institut Survation ermittelte, bis zu einem Zwölf-Prozent-Sieg, den Comres Theresa Mays Partei voraussagte.

Testlauf für neue Methoden

Das liegt auch daran, dass die britischen Institute die Wahlen als eine Art Testlauf für neue Methoden sehen. Nach Fehlschlägen bei den Referenden über den Austritt Schottlands aus Großbritannien und Großbritanniens aus der EU sucht die Branche neue Wege. Zudem steckt den Instituten die Unterhauswahl 2015 in den Knochen, bei der man die Tories massiv unterschätzt hatte.

Unteschiedliche Umfragewerte vor den Wahlen am Donnerstag – zum Vergrößern bitte anklicken.
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Abhilfe sollen nun neue Methoden schaffen, etwa hinsichtlich dessen, welche Bevölkerungsgruppen überhaupt zur Wahl gehen werden. Das Ergebnis von Comres etwa – das positivste für die Konservativen – beruht auf Einschätzungen über die spezifische Wahlbeteiligung und darüber, wem bisher Unentschlossene ihre Stimme geben werden. Ohne diese Einschätzungen – also in den Rohdaten – lägen die Tories nicht um zwölf, sondern nur um vier Punkte vorn.

Präzisere Onlineumfragen

Zudem experimentieren die Forscher mit den Erhebungsmethoden. Onlineumfragen haben bei den Wahlen in den USA und beim Brexit deutlich präzisere Ergebnisse geliefert – offenbar hatten die Befragten Skrupel, Telefonisten ihre Wahlabsichten mitzuteilen. Allerdings ergab ein Vergleichslauf von Survation nur kleine Unterschiede im Bereich von einzelnen Prozentpunkten.

Außerdem gilt Großbritannien auch wegen seines Mehrheitswahlrechts als besonders schwieriges Pflaster, weil Prozentunterschiede in landesweiten Umfragen nur beschränkte Schlüsse auf die Zusammensetzung des Unterhauses ermöglichen. Und hier gibt es auch die dramatischsten Umfrageunterschiede. Während traditionelle Rechenmethoden den Tories eine ausgebaute Mehrheit vorhersagen, wählte das Institut Yougov einen anderen Weg. Es ermittelt, wie Angehörige bestimmter demografischer Gruppen abstimmen, und rechnet dies auf einzelne Wahlkreise je nach deren Zusammensetzung hoch. Yougov rechnet mit dem Verlust der absoluten Tory-Merheit. (Manuel Escher, 8.6.2017)