Laut den Umfragen sieht es gut aus für Präsident Macron.

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Laut den Pariser Umfrageinstituten kann Emmanuel Macrons Bewegung En Marche am Sonntag im ersten Durchgang der Parlamentswahlen mit knapp 30 Prozent der Stimmen rechnen. Die konservativen Republikaner müssen sich demnach mit 21 Prozent zufriedengeben, der rechtsextreme Front National mit 18 Prozent und die Sozialisten gar mit weniger als zehn Prozent.

Im zweiten Wahlgang eine Woche später können jene Bewerber teilnehmen, die mindestens 12,5 Prozent der Stimmen erzielt haben. Bürgerliche, Linke und Macronisten geloben vielenorts, sich gegenüber dem Bestplatzierten zurückzuziehen, um den Sieg des FN-Kandidaten zu verhindern. Davon dürfte vor allem En Marche profitieren. Die erst vor einem Jahr gegründete Mitte-Bewegung könnte laut den Wahlprognosen mehr als 400 der 577 Sitze in der Nationalversammlung ergattern – eine eigentliche Flutwelle. Wie François Mitterrand 1981, Jacques Chirac 2002 oder Nicolas Sarkozy 2007 erhielte Macron damit eine bequeme Parlamentsmehrheit. Das entspräche auch dem Geist der Fünften Republik: Deren Verfassung plant die Parlamentswahlen bewusst nach der Kür des Präsidenten, um diesen mit der nötigen Rückendeckung zum Regieren und Reformieren auszustatten.

Merkel, Trump und Putin Paroli geboten

Seit bald einem Monat im Amt, hat Macron ganze Vorwahlarbeit geleistet. An den internationalen Spitzentreffen bot er Angela Merkel, Donald Trump und Wladimir Putin Paroli und unterstrich damit Frankreichs "Weltrang" – was bei den Franzosen umso besser ankommt, als sie unter Vorgängerpräsident François Hollande wenig Grund zum Nationalstolz hatten. Dazu ist Macron innenpolitisch geschickt zu Werke gegangen. Mit der Nominierung eines gemäßigten Konservativen (Edouard Philippe) als Premierminister hat er die Republikaner völlig gespalten und desorientiert.

Sie, die nach fünf Jahren unter dem Sozialisten Hollande sowohl die Präsidenten – wie auch die Parlamentswahl – in der Tasche glaubten, wissen nicht einmal mehr, wie sie sich gegenüber Macron verhalten sollen. Laut dem Wochenblatt Canard Enchaîné meinte der konservative Kampagnenchef François Baroin defätistisch: "Wir werden an den Wahlurnen mächtig Prügel einstecken." Sozialistenchef Jean-Christophe Cambadélis geht ebenso deprimiert ins Rennen – er selbst, der gewiefte Wahlkämpfer, droht im roten Paris gegen den politisch unbedarften En-Marche-Kandidaten Mounir Mahjoubi auf der Strecke zu bleiben. Den meisten anderen SP-Kandidaten stehen ebenfalls auf verlorenem Posten. Der Front National (FN) geht seinerseits in einer schlechten Verfassung ins Rennen. Der zum Schluss verpatzte Präsidentschaftswahlkampf von Parteichefin Marine Le Pen wirkt nach. Macron musste die Frontisten gar nicht erst auseinanderdividieren – sie zerstreiten sich selbst über die ungelöste Frage des Euro-Ausstiegs. Le Pens Nichte Marion Maréchal-Le Pen tritt in ihrem Wahlkreis in der Provence gar nicht mehr an, und der zweite FN-Abgeordnete Gilbert Collard droht seinen Parlamentssitz in der Camargue ebenfalls gegen die bekannte, aber politisch völlig unerfahrene Ex-Stierkämpferin Marie Sara zu verlieren.

Hammer-Angriff in Paris

Kaum ein Dutzend FN-Kandidaten – darunter eventuell Marine Le Pen – dürften schließlich in die Nationalversammlung einziehen. Fraglich ist, ob die jüngsten Terroranschläge in London und Paris den Frontisten Auftrieb verleihen.

Am Mittwoch beriet Frankreichs Sicherheitskabinett nach der Hammer-Attacke eines Mannes auf einen Polizisten vor der Pariser Kathedrale Notre-Dame am Dienstagnachmittag. Der Mann hatte sich einer Polizeipatrouille genähert, mit einem Hammer auf den Beamten eingeschlagen und dabei geschrien: "Das ist für Syrien." Ein weiterer Polizist eröffnete daraufhin das Feuer und stoppte ihn. Der Angreifer bekannte sich in einem Video zur Terrorgruppe "Islamischer Staat". (Stefan Brändle aus Paris, 8.6.2017)