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Ex-FBI-Chef James Comey will in nüchterner Sachlichkeit schildern, worum es in den Gesprächen mit Trump ging. Es geht um die Frage, ob der Staatschef versuchte, die Justiz zu behindern.

Foto: REUTERS/Joshua Roberts/File Photo

Tim Weiner kennt das FBI, er hat gerade ein Buch über die amerikanische Bundespolizei geschrieben, das sich glänzend verkauft. Er kennt sowohl James Comey, den im Mai gefeuerten Direktor, als auch dessen Vorgänger Robert Mueller, der nun als Sonderermittler herausfinden soll, was dran ist an Vorwürfen, wonach Berater des Wahlkämpfers Donald Trump geheime Absprachen mit dem Kreml trafen. Wenige Stunden vor Comeys Auftritt im Geheimdienstausschuss des Senats spricht der Bestsellerautor Weiner von einem Meilenstein, während er in der Stadtbibliothek von Los Angeles Bücher signiert.

Leute wie Comey, sagt er, ließen sich durch nichts einschüchtern, durch niemanden davon abbringen, der Wahrheit auf den Grund zu gehen. Auch nicht von Donald Trump. "Diese Leute sind Gottesgeschenke. Wenn jemand die Republik retten kann, dann sind es die Topleute des FBI."

In einer ersten schriftlichen Aussage, die der Geheimdienstausschuss des Senats am Mittwochabend veröffentlichte, bestätigt Comey vieles, worüber Medien bereits bisher unter Berufung auf Quellen berichtet hatten: Bereits im Jänner hatte ihn Trump demnach bei einem Abendessen im Weißen Haus aufgefordert, ihm die Treue zu schwören. Konkret schildert es der frühere FBI-Chef so: "Der Präsident fragte mich, ob ich FBI-Direktor bleiben wolle, was ich eigenartig fand, weil er mir schon bei früheren Gesprächen gesagt hatte, dass ich bleiben würde". Er habe den Eindruck gehabt, schreibt Comey, dass es Ziel des Abendessens gewesen sei, "eine Art von Patronage-Beziehung aufzubauen". Er habe Trump allerdings zu verstehen gegeben, dass er nicht Loyalität, sondern Ehrlichkeit liefern könne.

Comey bestätigt in dem Schreiben auch einen der Knackpunkte in der bisherigen Berichterstattung: Trumps Wunsch an ihn, die Ermittlungen gegen Michael Flynn nicht zu einen juristisch relevanten Ziel zu führen. Flynn war nach nur drei Wochen im Amt als Nationaler Sicherheitsberater gegangen, weil er mit dem russischen Botschafter Sergej Kisljak Absprachen traf, darüber Vizepräsident Mike Pence die Unwahrheit sagte, und sich zudem als Lobbyist von der türkischen Regierung bezahlen ließ. Schließlich bestätigt Comey auch, dass Trump ihn aufgefordert habe, öffentlich klarzumachen, dass er nicht persönlich Ziel der Ermittlungen sei.

Die Erwartungen an die erste mündliche Aussage in der Öffentlichkeit Donnerstagabend, sind damit noch einmal gestiegen. Für das liberale Amerika ist es der eigentliche Beginn eines Untersuchungsmarathons, der womöglich mit Trumps Amtsenthebung endet – wenn auch frühestens nach der Kongresswahl im Herbst 2018, sofern die Demokraten gewinnen. Anhänger Trumps sehen es als Höhepunkt einer Hexenjagd, aus der er gestärkt hervorgehen wird.

Trump selbst fühlt sich nach den Angaben Comeys "vollkommen bestätigt". Trump sei "froh", dass Comey "endlich öffentlich seine privaten Berichte bestätigt hat, dass der Präsident nicht Gegenstand der Russland-Ermittlungen ist", teilte Trumps Anwalt, Marc Kasowitz, am Mittwoch mit.

Sonderermittler im Zentrum des Interesses

Der Geheimdienstausschuss ist streng genommen nur ein Nebenschauplatz: Im Mittelpunkt des Interesses steht Mueller, der 72 Jahre alte Sonderermittler, der als Muster des integren Profis gilt. Als eine Art Startschuss hat Comeys Auftritt im "Senate Intelligence Committee" aber eine nicht zu unterschätzende symbolische Bedeutung.

Sollte der Geschasste auch mündlich die These erhärten, nach der Trump versuchte, Ermittlungen des FBI gegen einige seiner Vertrauten abzustellen, wäre dies eine schwere Bürde für den Mann im Oval Office. Nach allem zu urteilen, was bisher an die Medien durchgedrungen ist, zog der damalige FBI-Chef den Zorn des Präsidenten auf sich, weil er sich von ihm nicht beirren ließ.

Am Mittwoch, nicht zufällig am Tag vor der Anhörung Comeys, präsentierte Trump schließlich dessen Nachfolger: Der Spitzenanwalt Christopher Wray soll die oberste Polizeibehörde leiten.

Neuer Mann für das FBI

Hatte der Präsident zwischenzeitlich mit dem Gedanken gespielt, einen prominenten Politiker zu berufen, etwa den früheren Senator Joe Lieberman, so entscheidet er sich nun für einen Experten auf dem Gebiet der Strafverfolgung. Wray diente von 2003 bis 2005 als stellvertretender Justizminister im Kabinett George W. Bushs. Später in die private Anwaltskanzlei King & Spalding gewechselt, vertrat er unter anderem Credit Suisse, die von den US-Behörden wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ins Visier genommene Schweizer Bank.

Zudem beriet er Chris Christie, den Gouverneur New Jerseys, der wegen der "Bridgegate"-Affäre unter Druck geraten war. Dabei ging es um die Frage, ob Vertraute des Republikaners in einem Akt politischer Rache an einem unliebsamen Bürgermeister gezielt einen Megastau auslösten. An einer Zufahrt zur George-Washington-Brücke, die New Jersey mit New York verbindet, ließ man im Herbst 2013 ohne ersichtlichen Grund gleich mehrere Fahrbahnen sperren. Darum wird es auch bei Wrays Kongress-Anhörung gehen. (Frank Herrmann aus Los Angeles, 7.6.2017)